22. Februar 2017
Hafenkneipe – Zürich
Bands: Mitski / Personal Best
Es war kurz, verdammt kurz sogar. In nur gerade mal knapp vierzig Minuten präsentiert die in New York lebende halb Japanerin und halb Amerikanerin, Mitski ,ihr musikalisches Können an der Gitarre und am Mikrofon zum ersten Mal in der Schweiz. Dieses Können ist von einem positiven Pessimismus geprägt. Mitski sieht das Glas durchaus halb voll. Aber wenn das Glas halt gross genug ist um damit mit 1000 Litern Gefühlschaos gefüllt zu werden, dann wir aus dem halb vollen Glas schnell mal das nicht zu füllende, halbvolle Glas.
Das war auch ihre Botschaft an diesem Abend in der Hafenkneipe in Zürich. „I’m sorry, when I bring you down with my sad songs“. Soweit wollen wir jedoch nicht gehen. Ich war begeistert von der starken Stimme die während des ganzen Konzerts nur von einer Akustikgitarre begleitet wurde. Gleichzeitig war ich aber auch dezent enttäuscht, hat Mitski an diesem Abend nicht ihr ganzes Potenzial zur Geltung gebracht. Mir hat die wilde Mitski etwas gefehlt. Jene die mit Punkrocknummern ihren Zweifel am Sein in die Welt schreit und mit lauter Stimme den Frust am Alltäglichen rauslässt.
So waren es die erschreckend wenigen lauten Parts die mich am meisten begeistern konnten. Dazwischen war Mitski zu oft viel zu dezent, gar still. Die Songs handelten durchwegs von Liebe, dem Alltäglichen und wie alles in die Brüche geht. Zugegeben das ist eben auch die „eine“ Seite von Mitski, leise, überlegt und balladesk. Darum ist es schade konnte sie den Gegenpart nicht auch zur Geltung bringen. Denn wenn die Texte gar so deprimierend daher kommen, wünsche ich mir wenigsten das eine oder andere harte Gitarrenriff zum Frust, den bissigen Widerstand gegen das ach so harte Leben. Eigentlich vereint sie auch beides in ihrer Musik, doch heute war das Ganze zu sehr durchzogen von langatmigen stillen Songs mit nur kurzen sahnigen Anspielungen dazwischen. Durchaus, perfekt performt, ganz neidlos zugegeben. Die Rebellion, ja der brachiale Frust jedoch, eben die „andere“ Seite die Mitski auch auszeichnet hat gefehlt.
Vielleicht war es ja gewollt, vielleicht sollte der Fokus auf dem musikalischen Können liegen, denn das ist ohne Zweifel eindrucksvoll vorhanden. Aber etwas mehr Verruchtheit wäre wunderbar angekommen so wie sie auch über ihre Stadt New York sagte, „a bit dirt makes beautiful Songs“. Tja, die Songs waren da, der Dirt ist bis auf einige in den hintersten Ecken versteckte, schmutzige Ansammlungen ausgeblieben. Aber, man kann ja nicht alles in ein nur 40 minütiges Set packen. Immerhin – konsequent ist Mitski. Den Titel „Last words of a shooting star“ nahm die Künstlerin wörtlich. Die Saiten angezupft, gespielt, gesungen und ab durch die Mitte. Irgendwie hatte das was. Da war sie, die Verruchtheit, der Frust und der Leckt-mich-am-Arsch den ich vermisst hatte. Schade wurde er heute zwar gesungen, nicht jedoch musikalisch zelebriert.
Mit Katie, einer walisischen Künstlerin die ohne Probleme die walisische Nationalhymne vor Publikum darbringen „könnte“, gab‘s einen Support der Mitski zugutekam. Die Unterschiede im musikalischen Spektrum zwischen den beiden Künstlerinnen waren frappant. Hier kann die Frau von der Insel dem Hauptact des Abends nicht annähernd das Wasser reichen. Doch sie zeigte sichtlich Freude am kleinen Publikum in der Hafenkneipe und zauberte ein Lächeln auf die Lippen der Zuhörer. Sie brachte den Charme hinein, den Mitski heute nicht überbringen konnte.
Text: Sebastian Leiggener