29. Dezember 2018
Oxil – Zofingen
Band: Lucy Four
War es der atomare Nebel, der von Gösgen her die Stadt vereinnahmte, oder doch der Dunst der Hölle, welcher sich immer mehr im Club breit machte? Genau konnte dies nicht eruiert werden, die Wirkung war bei allen Anwesenden aber die gleiche: Ausgelassene Stimmung und viel Lust für den Rock’n’Roll. Lucy Four eroberten das Oxil in Zofingen und zeigten allen, dass ein Namenswechsel die inneren Werte nicht beeinflussen muss. Laute Gitarren, geschwungene Haare, schnelles Tempo – let’s get it on!
Seit drei Jahrzehnten trifft man die vier Herren von Lucy Four auf den Bühnen an, und nachdem 2015 unter dem Banner Sexy eine wahre Explosion in der Aargauer Rockszene gezündet wurde, hiess es nach einigen erfolgreichen Jahren: Wir machen gemeinsam weiter, aber grüssen nun die teuflischen, anstatt die erotischen Klischees. Wobei ja Erotik bei Pascal Tallarico nie fehlt, warf sich der Sänger auch am Samstagabend gleich von der ersten Sekunde mit Ganzkörpereinsatz in die Show. Er sang seine Texte nicht, er lebte sie – mit Posen, Kleidungswechsel und Verkrümmungen. Kein Wunder, erschienen einzelne Zeilen und Refrains noch packender und eingängiger als sonst.
Ein Grossteil des Reizes ging an dieser Plattentaufe aber auch von Bassist Kudi Heeg aus, der sich cool und standfest zwischen die Riffs plazierte und zusammen mit dem Wirbelwind und Trommelkönig Pidi Criscoula dafür sorgte, dass die Party nicht ganz aus dem Ruder lief. Denn wenn sich Gitarrist Rey Misterio ins Zeug legte, dann wackelten nicht nur die Tanzbeine, die Fantasien blühten. „Burn In Paradise“ heisst das neue Werk dieses Quartetts und machte seinem Namen an diesem Auftritt alle Ehre. Vor allem die zweite Konzerthälfte dieses Rockreigens war brandheiss und ohne Hemmungen.
Da sich Lucy Four früh auf der Bühne zeigten, waren die ersten Momenten vielleicht etwas zu ungelenkt und verhalten – oder die Besucher hatten noch zu wenig Bier intus. Aber mit jedem Schrei, mit jeder gereckten Faust und mit jedem Riff wurde es druckvoller. Auch dank den vielen Gästen, welche die Band für Teile der Show unterstützten. Weitere Instrumente fanden den Weg ins Rampenlicht, Sängerinnen stahlen den Männern die Show, die Jugend zeigte die Grundlagen der Exzentrik.
„Shout For Sexy“ hiess es zu später Stunde dann doch noch, aber vor allem wurde hier geschrien, um dieser Energie zu danken. Lucy Four bewiesen, dass der klassische und wilde Rock noch immer attraktiv und erregend sein kann. Da schwang sogar der Gehörnte sein Huf und nahm sich eine grün eingefärbte Platte mit nach Hause.
Text: Michael Bohli
Bilder: Kathrin Hirzel