24. März 2016
X-TRA – Zürich
Bands: The Libertines / Referend And The Makers
The Libertines (zu Deutsch „Freigeister“) sind zurück und präsentierten ihr neues Werk „Anthems For Doomed Youth“ in Zürich. Die Briten boten dem Publikum eine solide und amüsante Performance und brachten die heimische Indie-Disco gleich mit ins X-TRA.
Kommt er, kommt er nicht? Wie sieht er aus? Ist er clean oder doch nicht? Diese Fragen stellt sich so mancher Konzertbesucher vor dem Auftritt des Vierergespanns aus London. Die Rede ist natürlich von keinem anderen als von Sänger und Gitarrist Pete Doherty persönlich. Doch vorweg sei gesagt, dass der „Freigeist“ einen munteren und sehr konzentrierten Eindruck hinterliess und damit die Gerüchte auch bestätigte, seit über einem Jahr clean zu sein.
Doch bevor The Libertines ihre musikalischen Hits im ausverkauften X-TRA zum Besten gaben, heizten die Musiker von Referend And The Makers den Zuschauern ordentlich ein. Die 2005 in Sheffield, England gegründete Gruppe verstand es, mit einem gelungenen Mix aus Indie-Rock, Pop und einem kleinen bisschen Funk, die meist weiblichen Besucher des Abends in Schwingungen zu versetzen. Aushängeschild der Band ist Sänger Jon Mclure „Reverend“. Das selbsternannte „Grossmaul“, wie er sich gerne betitelt, hat eine tolle Stimme und seine selbstsichere und authentische Ausstrahlung ist es, die ihn zum perfekten Frontmann macht. Unterstützung erhielt er von Bassist Ed Cosens, Gitarrist Tom Jarvis, seiner Frau der Backing-Vocals-Sängerin, Keyboarderin und Trompeterin Laura Manuel, sowie Drummer Richie Westley. Die Stücke von Referend And The Makers waren allesamt sehr unterhaltsam, tanzbar und abwechslungsreich und verkürzten die Wartezeit auf den Hauptact auf eine sehr angenehme Weise.
Und dann – endlich, hiess es: Vorhang auf für The Libertines! Unter tosendem Applaus und ohrenbetäubenden Gekreische der weiblichen Fans betraten Sänger und Leadgitarrist Carl Barât, Sänger und Rhythmusgitarrist Pete Doherty, Bassist John Hassal und Drummer Gary Powell die Bühne. Die Rolle des Openers der Show übernahm das Stück „Barbarians“. Dass die Libertines mit einer Verspätung auftraten, schien niemanden gross zu stören, denn immerhin ist man sich solche Dinge gewohnt und war bis vor kurzem froh, wenn die Jungs den Auftritt überhaupt wahrnahmen. Auch wirkte ihre Darbietung mehr als routiniert und ausser ein paar kleinen Patzern hie und da war von der alten Live-Attitude praktisch nichts mehr zu spüren.
Es folgten Hits wie „Heart of the Matter“, „What Katie did“ oder „You’re my Waterloo“ und das zunehmend biergeschwängerte Publikum schien mehr und mehr in Euphorie zu versinken. Für Rockstar-Attitude sorgte Pete Doherty immer mal wieder, als er nicht wenige Male seinen Mikroständer ins Publikum stiess und gegen Ende der Show auch mal die Gitarre hinter die Bühne fliegen liess. Immer wieder zeigten sich Barât und Doherty ihre freundschaftliche Zuneigung durch Küsse oder Umarmungen und konnten kaum die Finger voneinander lassen. Kaum zu glauben, dass noch vor einigen Jahren heftiger Zoff zwischen den beiden lag.
Dass Doherty, der auch Fronter der Band Babyshambles ist, ein grosser Fan von Hüten jeglicher Art ist, zeigte sich, als ein Fan eine Mütze auf die Bühne warf und diese dann abwechslungsweise den Kopf von Doherty und Barât zierte. Letzterer trug einen schicken schwarzen Fedora-Hut, den er aber immer wieder mit dem von Doherty tauschte. Manchmal wurden die Hüte auch übereinander getragen. Und als schien das der Anfang der Kleidungsschenkung gewesen zu sein, flogen später gar Jacken und Shirts in Richtung Bühne. Es wurde getanzt, getrunken und gefeiert und das X-TRA schien aus allen Nähten zu platzen. Die Songs schepperten nur so von der Bühne sodass es eine wahre Freude war, ihnen zuzuhören. Auch für soziale Gesten wurde gesorgt, als Doherty auf den schmalen Absperrungshalterungen zu seinen Fans balancierte um ihnen einfach mal kurz die Hände zu schütteln.
Das Bühnenbild war so schlicht und unkompliziert wie die Jungs selbst, einzig der schwarz-weisse Schriftzug „The Libertines“ prägte die Kulisse. Diese Schlichtheit ist es, welche einem irgendwie auch mit der Band sympathisieren und sich so fühlen lässt, als wäre man selber ganz Privat bei ihrer Bandprobe dabei. Mit dem Stück „The Good Old Days“ verabschiedete sich das Londoner Quartett in die Verlängerung. Drummer Gary Powell zeige dem Publikum zudem seine Comedian-Ader, in dem er mit Grimassen über die Bühne stolzierte und für Lacher sorgte. Mit einem soliden Drumsolo zwischen den einzelnen Songs zeigte er aber ohne Zweifel, dass er wohl der talentierteste Kopf der Band ist.
Die Zugabe der rund 75-minütigen Show bestand unter anderem aus den Stücken „Up The Bracket“ und den Hits „Don’t Look Back Into The Sun“ und „Music When The Lights Go Out“ und liess somit keine Wünsche mehr offen. Ob vom neuen oder von den älteren, etwas raueren Alben – für jeden war etwas dabei. Die vier Briten liessen ihre Zuschauer endgültig hoffen, dass sie die Kluft zwischen Drogenexzessen, Streitereinen und Professionalität überwunden zu haben schienen und dabei ihrem dreckig rebellischen Sound mehr als treu geblieben sind.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
- Barbarians
- The Delaney
- Heart of the Matter
- Horrorshow
- Fame and Fortune
- Boys in the Band
- The Milkman’s Horse
- What Katie Did
- Anthem for Doomed Youth
- The Man Who Would Be King
- You’re My Waterloo
- Gunga Din
- Can’t Stand Me Now
- Vertigo
- Death on the Stairs
- Time for Heroes
- The Good Old Days
Encore: - Music When the Lights Go Out
- Up the Bracket
- What Became of the Likely Lads
- Don’t Look Back Into the Sun
- I Get Along
Text: Andrea Germann