27. Oktober 2016
ISC Club – Bern
Bands: Leech / Egopusher
Es ist ein Zeichen grosser Qualität, wenn eine Band, welche nur instrumentale und oft sehr lange Lieder spielt, das Publikum mit wenigen Klängen und Andeutungen einer Melodie in Aufruhr versetzen kann. Leech waren in ihrer Musik noch nie um eingängige Momente und Läufe verlegen, live lässt sich dies natürlich wunderbar ausnutzen. So wurde auch am ausverkauften Konzert im ISC Club in Bern vor den Songs immer gerne ein wichtiger Bestandteil angetönt – nur um auch gerne zuerst in Soundkulissen zu verschwinden. Es zeigte sich ebenso, dass die Gruppe aus Zofingen als Konzert immer einen Besuch wert ist, egal wie oft man sie bereits gehört hat.
Wunderbar auch, dass sie sich mit Egopusher zwei Brüder im Geiste als Support voranstellten. Denn das Duo aus Zürich weiss nicht nur, wie man mit komplexen Themen in der Komposition umgehen muss, sie beherrschen auch ihre Instrumente perfekt. Nur mit Schlagzeug, Geige und Synthies zauberten Giannelli und Preisig Lieder hervor, die den einengenden Ansatz einer Zwei-Mann-Band nicht einmal aus den Augenwinkeln betrachteten. Über wabernde Basstöne, fein und exakt gespielte Trommeln und kratzende Violin-Saiten ergossen sich Einfälle und schier ausserirdische Momente. Immer Instrumental gehalten vermögen Egopusher mit ihren Konstruktionen der Musik zu fesseln und immer wieder zu überraschen.
Eine Gabe, die auch Leech während ihrer Karriere nie verloren haben. Ihr Sound hat sich zwar über die Jahre etwas verändert und weiss nun auch die leisen Stellen vermehrt zu schätzen, auf einer Bühne ist die Truppe aber immer noch eine schlagkräftige Wucht. Unvergessliche Gitarrenläufe wie bei „The Man With The Hammer“ oder „Inspiral“ lassen die Leute immer noch ausrasten und jubeln, der kleine Konzertraum im ISC war schnell brechend gefüllt und ein freundlicher Pogo entstand. Da störte es auch nicht, dass die Lautstärke von Leech in diesem Raum fast etwas zu gross war.
Aber dieser Krach stand den Jungs ganz gut, es gefällt mir, dass sie ihre Lieder nun teilweise etwas abänderten und gewisse Stellen ungeschminkter präsentierten. Wobei natürlich weiterhin Orgel, Keyboard und Glockenspiel für diese typischen Leech-Melodien sorgten – bevor alles wieder unter der wilden Wucht dreier Gitarren versank. „Hands Full Of Hearts, Heart Full Of Head“ passte nicht nur als Einstieg in den Abend, sondern auch als Motto zum Schaffen der Band. Selten gab es eine instrumentale Post Rock-Gruppe in der Schweiz, die so eigenständig funktionierte – und dies über Jahrzehnte.
Text: Michael Bohli