14. März 2018
Oxil – Zofingen
Band: Justin Sullivan
Dass an diesem Abend einmal Dämonen auftauchen würden, das war zu erwarten. Denn das Konzert von Justin Sullivan, Frontmann von New Model Army, war nicht nur ein leidenschaftliches und spirituelles Aufeinandertreffen von lautem Rock und akustisch dargebotenen Liedern, sondern auch ein Auftritt zu Gedenken von Günti Zimmermann. Viel zu früh zu Beginn des Jahres verstorben, hatte sich der Fan der englischen Band zuvor noch selber um diesen Sologig gekümmert, konnte nun aber nicht mehr daran teilnehmen. Verständlich also, gingen einzelne Lieder und Textzeilen an diesem Abend im Oxil noch tiefer als sonst.
Justin Sullivan, adrett gekleidet und nur mit seiner akustischen Gitarre ausgestattet, lud Zofinger und angereiste Fans an diesem Mittwochabend ein, vergangenen Leben zu gedenken und unser aller Dasein zu geniessen. Mit seiner fesselnden Stimme, grosser Persönlichkeit und einem zielsicheren Umgang mit dem Instrument war nach wenigen Takten klar: Dieser Künstler hat uns alle sofort im Sack. Kein Wunder, luden die reduzierten Lieder von New Model Army doch perfekt dazu ein, in den Geschichten und Überlegungen zu versinken.
Ob er nun zusammen mit den Anwesenden über die Berggötter und -geister der Schweiz sinnierte, sein rastloses Leben zu erklären versuchte oder uns sanft dazu aufrief, die sozialen Ungerechtigkeiten in der Welt anzufechten – Justin Sullivan war immer gefühlvoll und ehrlich. „Winter“ liess uns alle näher zusammenrücken, „Another Imperial Day“ klärte die Zustände, „Devil“ gestaltete unsere eigenen Wünsche etwas gefährlicher. Und auch wenn man bei „Ghosts“ so manche Träne vergoss oder bei der Karaoke-Einlage vor Schönheit fast zerrissen wurde – diese Begegnung mit dem Musiker war zu jeder Sekunde ein wundervolles Erlebnis.
Leise und andächtig verfolgten die zahlreichen Besucher das Geschehen, lachten zusammen mit Justin Sullivan über seine vielen Anekdoten und bejubelten die wahrlich intensiv dargebotenen Songs. Man fühlte sich für einen viel zu kurzen Moment in eine bessere Welt transportiert und wünschte sich, der Brite hätte tatsächlich alle 240 Stücke seines Repertoires gespielt. Aber auch so war es ein perfekter Abend und eine wunderschöne Verabschiedung eines geliebten Menschen. „And when our eyes get used to the darkness, we can see the storm coming / And maybe out beyond the blackest storms, we’ll see the furthest stars.“
Text: Michael Bohli