8. April 2016
Les Docks – Lausanne
Bands: At The Drive-In, La Muerte, Le Butcherettes
„Dancing On The Corpses‘ Ashes“ – und das meinen die ernst. Der gesamte Konzertraum, prall gefüllt mit Leuten und Bierlachen, singt – nein, schreit – die Zeile der Band entgegen, welche mit ohrenbetäubender Musik entgegenhält. Es ist dabei nicht wichtig, ob man alle Finessen heraushört, ob man klaren Gesang vernimmt oder das Konzert für sich geniessen will. Die Rückkehr der Post-Hardcore-Legende At The Drive-In dient nicht dem Zelebrieren von Details, sondern dem Triumph des Zusammenhaltes und der Euphorie gegenüber Streit und Egoismus. Die Band aus den USA hat sich nach ewig langen Jahren wieder zusammengetan und erobert nun erneut Europa.
Ihr einziger Auftritt in der Schweiz fügte sich perfekt in das Programm des Impetus-Festival in Lausanne ein und lockte dabei nicht nur Menschen aus den umliegenden Kantonen, sondern auch aus Deutschland, Wales und vielen weiteren Ländern an. At The Drive-In sind immer noch eine Macht – ein Umstand, den auch das Konzert bewies. Entgegen vieler Ängste zeigte sich die Band gut gelaunt und bereit, ihr Vermächtnis zu vergrössern. Bereits mit „Arcarsenal“, dem brachialen Einstieg in den Auftritt, verloren alle Zuschauer die Beherrschung und der Saal des Les Docks wurde ein einziges Tollhaus.
Auch wenn Gitarrist Jim Ward die Band nicht mehr begleitet, es fühlte sich wieder an wie in den wilden 90er-Jahren. Bereits kleine Andeutungen von den messerscharfen Riffs, den genialen Schlagzeugmustern oder dem unberechenbaren Gesang von Cedric Bixler lassen alle aufjubeln. Wie ein tonnenschwerer Güterzug, auf mit über 300 Megaherz geladenen Schienen rasten At The Drive-In heran, Bixler sprang immer wieder in die Menge und Omar Rodriguez führte die Band in experimentelle Instrumentalpassagen. Wilder Post-Hardcore mit viel Noise von feinster Güte, schönster Krach und Balsam für einsame und verletzte Seelen – solche Wiedervereinigungen rechtfertigen alles.
Wobei nicht nur die Amerikaner als Rückkehrer in Lausanne ankamen, auch die düstere Post-Metal / Doom-Rock Band La Muerte aus Belgien formierte sich 2015 endlich wieder neu. Verkleidet und mit Kerzen beleuchtet bretterten die Musiker los, wie in einem Horror-Roadmovie auf staubigen Strassen. Die Lieder waren lang, voller tiefer Gitarrentöne und wilden Growls. Gespenstisch und wirkungsvoll – und genau das Gegenteil von der ersten Gruppe am Impetus Festival. Denn Le Butcherettes aus Mexico waren offenherzig, spielfreudig und wie aus einem verrückten Puppentheater entfallen.
Geführt von Teri Gender Bender – die wie ein tanzender Teufel über die Bühne fegte – schmiss das Trio eine abgefahrene Mischung aus mexikanischer Herkunft, Garage-Punk und Rockabilly von der Bühne. Harte Rhythmen mit vielen Wechseln, Basstöne wie Schiffsrümpfe die aneinander reiben und Orgelklänge mit schrillem Gesang: Eine klangliche Urgewalt, die man so selten antrifft. Komplett in rot gehüllt überraschte die Gruppe alle Anwesenden und sorgte für einen perfekten Start in den erfüllenden und glücklich machenden Festivalabend. Willkommen zurück an alle, bleibt für immer!
Setlist At The Drive-In [Quelle: setlist.fm]
1. Arcarsenal
2. Pattern Against User
3. Sleepwalk Capsules
4. 300 MHz
5. Cosmonaut
6. Lopsided
7. Invalid Litter Dept.
8. Enfilade
9. Metronome Arthritis
10. Proxima Centauri
11. Quarantined
12. Catacombs
13. Napoleon Solo
14. One Armed Scissor
Text: Michael Bohli