Samstag, 10. Juni 2017
Interlaken
Webseite: greenfieldfestival.ch
Tagesbericht zum Samstag von Sarah
Der letzte Tag des Greenfield Festivals beginnt mit strahlendem Sonnenschein – das nahe gelegene Freibad erfreut sich der zahlreichen Kundschaft. Die erste Band, Selbstbedienung aus Aarau, spielt die Jungfrau Stage kurz nach 13.00 Uhr warm, gefolgt von den Briten bei Frank Carter & The Rattle Snakes, die wohl seit dem Release ihres aktuellen Albums „Modern Ruin“ keine Nacht mehr in den eigenen Betten verbracht haben (und, wenn man einen Blick auf den Tourplan wirft, dies bis Ende Jahr wohl auch nicht nachholen werden). Das sympathische Schweden-Quartett Royal Republic ist die dritte Band des Tages und bietet dem Festivalpublikum eine perfekte Möglichkeit, zu zeigen, wie gut man auch am dritten Openair-Tag noch tanzen kann. Sie überzeugen nicht nur mit Hits wie „Underwear“ oder „When I See You Dance With Another“, sondern auch mit ihrem Humor und ihrer lockeren Art. Die nächste Band auf der Jungfrau Stage ist Gogol Bordello, welche die Tanzlust des Publikums mit ihrem Gipsy Punk gleich weiter herausfordert. Die acht Musiker aus aller Welt machen müde Männer munter, trotz nahezu 30°C im Schatten (welcher an einem Festival bekanntlich ja ohnehin spärlich ist).
Nach einer Pause für das Tanzvolk, in der Counterfeit, Powerwolf und Letzte Instanz etwas für die Fans härterer Musik beisteuern, geht es um 20.00 Uhr weiter mit Kraftklub. Die deutschen Jungs sind Favorit so manches Festivalbesuchers, und dies auch zu Recht. Nach zwei Jahren Festivalpause zeigen sie, dass sie gehörig Bock auf die diesjährige Festivalsaison haben. Und gut vorbereitet sind: Das Konzert beginnt damit, dass das rote Tuch, das die Bühne verdeckt und die weisse Aufschrift „Keine Nacht Für Niemand“ trägt, zu Boden fällt und nicht nur den Blick auf die fünf Bandmitglieder freigibt, sondern auch auf eine Gruppe Tänzer, allesamt mit roten Collegejacken eingekleidet. „Die Gang“, wie sie von Leadsänger und Rapper Felix Brummer liebevoll vorgestellt wird, besteht aus jungen Männern und Frauen, die nahezu jeden Song tänzerisch untermalen. Die Choreo sitzt zwar nicht immer perfekt, und doch erzielt sie ihre Wirkung und betont den Stil der Band – tanzbar, ein bisschen schräg und verdammt ironisch. Das aktuelle Album – „Keine Nacht Für Niemand“ – ist knapp eine Woche alt, und trotzdem werden die Texte der neuen Songs bereits mitgesungen. „Fenster“, die neuste Single des Albums, eingesungen im Studio mit niemand geringerem als Farin Urlaub, glänzt mit einer besonders eindrücklichen Bühnenperformance: Felix Brummer simuliert, sich aus einem Fenster zu stürzen, wobei er von „der Gang“ aufgefangen wird und auf deren Händen singend über die Bühne getragen wird. Der Refrain von „Dein Lied“, der erste Single, die sich an untreuen Ex-Freundinnen rächt, wird besonders laut mitgesungen. Auch „500K“, ein Trap-Song veröffentlicht anlässlich ihres 500’000sten Facebook-Likes, stösst auf Begeisterung im Publikum, was wiederum Belustigung und Überraschung bei der Band auszulösen scheint. „Die Frauen, mit denen wir Villen bewohnen, betonen innere Werte – aus Silikon.“ Solche Texte merkt man sich gerne. Bei „Randale“, einem älteren, besonders wilden Track, wird das Publikum wie immer dazu aufgefordert, sich hinzuknien, irgendetwas vom Boden aufzunehmen und beim letzten Refrain gemeinsam in die Luft zu werfen, das T-Shirt auszuziehen und als Propeller zu verwenden – fünfminütiger Ausnahmezustand vor der Jungfrau Stage. Zum Abschluss ein Tänzchen zu Tic Tac Toe’s „Wir Sind Eins, Funky!“ – „Keine Nacht Für Niemand“ ist, wie schon die beiden Alben zuvor, auf Platz eins der Charts gelandet. Herzlichen Glückwunsch.
Auf der Eiger Stage beginnt, pünktlich zum Ende von Kraftklub, eine weitere deutsche Band ihr Set – Donots heizen dem Publikum in der Dämmerung mit deutschen und englischsprachigen Texten, gelungenen Riffs und Rhytmen, die zu Circle Pits und Pogo ermuntern, ein. Bei den Donots bleibt auch Platz für politische Ansagen zwischen den Songs, und das, ohne dabei fanatisch oder verbittert zu wirken. Wobei die Mitglieder, allen voran Sänger Ingo, mit ihrer Sympathie ohnehin einen enorm guten Stand bei den Festivalbesuchern haben. Mit Gummiboot reitet Ingo, in Begleitung eines „Viva con Agua“-Mitglieds, über die Hände der Konzertbesucher und fordert dabei auf, Depot-Becher ins Boot zu werfen, um diese „Viva con Agua“ zu spenden. Zwar ist es zwei Jahre her, seit ein Album der Band erschienen ist, doch am 2. Juni (nebenbei bemerkt auch Veröffentlichungsdatum des Kraftklub-Albums) ist eine Split-EP mit Adam Angst erschienen, bei der die Band den Song „Keiner kommt hier lebend raus“ vorstellt.
Auf der Jungfrau Stage endet auch dieser Abend mit Pop-Punk, diesmal mit Blink-182. Wer sich auf ein Revival seiner Teenie-Jahre gefreut hat, wird aber eher enttäuscht – das Set ist kurz, das Konzert eher langweilig und der müde Konzertbesucher muss sich fragen, ob dies jetzt die ganze Vorfreude und Warterei wert war.
Auf der Eiger Stage endet der Abend mit der Berner Metalcore-Band Breakdown Of Sanity. Hinter der Fressmeile züngeln die Flammen der „Burning Hand“, einer brennenden Holzhand, in den Nachthimmel, während im Hintergrund noch langsam verklingende Streicher zu hören sind und ein Meer leuchtender Funken emporsteigt – der musikalische Teil des Festivals ist offiziell vorbei.
Text: Sarah Rutschmann
Bilder: Kathrin Hirzel + Nicole Imhof
Direkt zum Bericht + Bildern vom Donnerstag
Direkt zum Bericht + Bildern vom Freitag