25. April 2018
Salzhaus – Winterthur
Bands: Godspeed You! Black Emperor / KGD
Markerschütternd, tief in der Materie vergraben und immer einen Weg findend – die Klangwucht, welche die Besucher am Mittwoch im Salzhaus erleben durften, die war nicht nur unbeschreiblich intensiv, sondern liess alles andere verschwinden. Vergessen waren die eher hohen Temperaturen im Saal, die Probleme des Alltags und die etwaigen Entscheidungen, die auf einen zukommen. Für zwei Stunden durfte man alles hinter sich lassen, ein Bad in den Frequenzen nehmen und sich selber erneut davon überzeugen, dass Post-Rock in den richtigen Händen immer noch eine Macht darstellt.
Und wer wäre für einen solchen empirischen Beweis besser geeignet als das kanadische Kollektiv Godspeed You! Black Emperor? Seit 1994 gilt die Gruppe um Efrim Menuck als eine der wichtigsten und innovativsten Gruppen im Bereich der düsteren und instrumentalen Rock-Musik. Mit ihren hypnotischen Kompositionen und extremer Eindringlichkeit sind ihre Kompositionen nicht nur im Wohnzimmer, sondern vor allem live ein absolut fesselndes Erlebnis. In Winterthur gab sich die Gruppe zwar etwas unantastbar und versank zwischen Instrumenten, Schatten und Projektionen in der Musik, zerstörte so aber zu keiner Sekunde den eigenen Mythos.
Verstärkt durch die dänische Jazzmusikerin Mette Rasmussen am Saxophon wurden die begeisterten Besucher eingeladen, das neuste Album „Luciferian Towers“ als Ganzkörpererfahrung zu erleben, eingebettet in die geliebten Klassiker der Bandgeschichte. Wobei die Unterteilung in einzelne Songs für dieses Konzert keine grosse Rolle spielte – viel lieber versank man als Zuhörer in den sehr lauten und sehr guten Kaskaden, welche von den Musikerinnen und Musikern losgelassen wurden. Drones durch Streicher und Gitarren, infernalische Perkussion und doch immer wieder wundervolle Melodienbögen – nicht selten wurde wahre Hochgefühle ausgelöst.
Auch wenn Godspeed You! Black Emperor vor allem in den langen und komplexen Liedern zuhause sind: Ihre Punkhingabe war auch im Salzhaus zu spüren. Das Konzert war immer roh, gefährlich und scheute sich auch nicht, mit Dissonanzen und Noise um sich zu schlagen. Natürlich immer perfekt ergänzt und belichtet durch den Projektionisten Philippe Leonard und seine Filmaufnahmen unserer Zivilisation – und den Drone-Tüftler KGD als Support. Bereits der alleine auftretende Amerikaner zeigte mit seinen Gerätschaften und Klangflächen, dass dieser Abend sich sehr schnell in den Kopf, das Gehirn und das Herz fressen wird. Und für immer dortbleibt.
Text: Michael Bohli