13. November 2019
Kaufleuten – Zürich
Bands: Fink / Sophie Hunger
Ob Musik, welche im Innersten berührt auch unter und mit vielen Menschen funktioniert, ist nicht immer klar. Aber Fink schaffte es. Die Musik traf direkt und unvermittelt mitten in die Seele.
Eigentlich ging es aber schon vorher los. Sophie Hunger holte das Konzertpublikum innert weniger Minuten aus dem hektischen Alltag und der noch hektischeren Stadt heraus. Zusammen mit Julian Sartorius, der bei ihrem letzten Album mitgewirkt hat und mit welchem sie in den letzten Wochen neue Songs aufgenommen hat, zeigte sie sich fein, verspielt, zwischendurch auch ziemlich bluesig. Das bündner Lied „Die Fahrenda“, französische und deutsch gesungene Texte. Sopie Hunger lässt sich Freiheiten, überrascht immer wieder und schaffte es den Funken überspringen zu lassen. Ja, sie war an dem Abend ein wenig eine Labertasche, aber genau das war sehr sympathisch und man merkte ihr auch an, wie sehr sie sich freute, mit Fink, den sie in Berlin kennenlernte, und vor allem auf dieser Tour auch in der Heimat spielen zu dürfen. Schlagzeug, Gitarre und Gesang. Gewollt schräge Akkorde, nicht immer einfach zu verstehen, dafür umso schöner zu sehen, wie sich das Publikum, das auch wegen ihr den Weg ins Kaufleuten gefunden hat, sich darauf einliess!
Fink, Singer-Songwriter aus England. Ruhig, langsam, melancholisch. Folk. Blues vielleicht? Auf alle Fälle voller Emotionen und für mich mit ganz vielen Gefühlen, Verwirrungen und Erinnerungen verbunden. Nicht nur deswegen, aber auch darum ist Fink für mich, aber auch viele andere, wohl etwas ganz persönliches und spezielles.
Kaum auf der Bühne wich die Stadt noch einmal mehr als schon zuvor, eine unglaubliche Ruhe legte sich über den Saal. Man konnte eintauchen in die ruhigen, reduzierten und feinen Klänge der Instrumente. Mal mit elektrischer, mal mit akustischer Gitarre und Geige. Und natürlich Fin Greenalls ruhiger, packender Stimme. Dass Fink mit zwei Schlagzeugen die Bühne einnahm war überraschend, aber schlussendlich riesig. Denn die beiden Schlagzeuger duellierten sich nie, sondern ergänzten sich, tauschten sich aus, erweiterten das Spektrum in subtiler Weise.
Spätestens mit „Yesterday Was Hard on All of Us“ baute Fink eine so unglaubliche Intimität auf der Bühne und im Publikum auf, in einem so grossen Saal wie dem Kaufleuten hätte ich das nicht für möglich gehalten. So etwas ist selten, bis in die hintersten Reihen war das Publikum von der Aura des Geschehens eingenommen, die Augen geschlossen, die Seelen baumelten. Und ja: „Warm Shadow“ ist die beste „suicide ballad“.
Immer wieder rollte die Band den Teppich aus. Nicht überbordend, nicht gigantisch, nicht laut, sondern subtil und fast unmerklich kam dieser auf die Hörer zu. Eingelullt in schöner Musik, schönen Klängen, schönen Akkorden. Es ist schön, dass es in Finks Musik fast nichts gibt was das Empfinden stört, was herausfordert, kaum abgedriftetes, wenig schräges. Und trotzdem ist es nichts wiederholendes, nichts schon gewesenes. Und darum ist es so schön.
Ich liebe Fink. Ich liebe diese Melancholie. Und dieses Gefühl der Geborgenheit. Ich gehe schwer davon aus, dass ich nicht der einzige war an diesem Abend.
Text: Mischa Castiglioni
Bilder: Nicole Imhof