6. September 2019
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
Filme sind eine wunderbare Lehrstube für das Leben – ausser vielleicht, man umgibt sich mit Produkten von Machern wie Michael Bay oder Paul Feig. Am Fantoche Animationsfilmfestival in Baden wird durch die Programmgestaltung bereits eine solch geschmackvolle Vorauswahl getroffen, dass man sich als Besucher um die inneren Werte keine Gedanken mehr machen muss. Egal ob im Wettbewerb oder als Premiere im Abendprogramm, alle Produktionen der 17. Ausgabe weisen einen Mehrwert auf. Dass dabei innert weniger Stunden wilder Klamauk und schwerverdauliche Handlungen aufeinandertreffen, ist umso fordernder und spannender.
Panique tous courts
7 Kurzfilme aus der Reihe „Panique au village“
Mit der Stop-Motion-Reihe „Panique Au Village“ haben die belgischen Regisseure Vincent Patar und Stéphane Aubier 2002 etwas kreiert, das mit schnellem Tempo, absurden Einlagen und viel Humor die ganze Welt bis heute begeistert. Die Abenteuer von Cowboy, Indianer und Pferd sind mit genialen Einfällen gespickt, kunterbunt produziert und immer mit bissigen Seitenhieben auf unsere Welt garniert. Mit dem Programm Panique tous Courts hat das Team des diesjährigen Fantoche sieben Episoden, inklusive zwei TV-Specials mit je einer Laufzeit von 26 Minuten, zusammengestellt, welche den gesamten Kosmos dieser Erfindung repräsentieren.
Besonders die Spezialsendungen „Panique au village: La rentrée des classes“ und „Panique au village: La foire agricole“ ermöglichten einen tiefen Einblick in das Geschehen rund um die nicht alltägliche WG. Zeitreisen, Schulalltag, das verrückte Innenleben eines Schweines, die sprechenden Tiere – der Kreativität haben sich die Belgier keine Grenzen gesetzt.
Dass dabei nicht alles nur dem Witz dient, das wurde einem spätestens bei „Le bruit du gris“ bewusst. Diese Episode wurde als Reaktion auf die Anschläge der Pariser Zeitschrift „Charlie Hebdo“ veröffentlicht, produziert innert nur sechs Tagen. Grossartige Filme und Serien funktionieren meist auf mehreren Ebenen und sprechen unterschiedliche Altersschichten an – Panique tous Courts vermochte genau dies.
Weitere Spielzeiten: Sa., 07.09, 22:45
Zero Impunity
Land / Jahr: Frankreich, Luxemburg / 2018
Regie: Nicolas Blies, Stéphane Hueber-Blies, Denis Lambert
Musik: Holland Andrews
„Zero Impunity“ ist ein transmediales Projekt der Brüder Nicolas Blies und Stéphane Hueber-Blies, mit dem sie sexuelle Gewalt in Kriegsgebieten thematisieren. Sie lassen insbesondere Opfer zu Wort kommen, die über ihr Trauma und die folgenschweren Konsequenzen – auch für ihr Umfeld – sprechen. Dabei wird nicht nur auf bekannte Krisenregionen wie Syrien oder Kongo fokussiert, sondern auch auf Fälle aus der Ukraine, den USA und den UN.
Für das Projekt haben sie mit verschiedenen Reporterinnen zusammengearbeitet, die diese Skandale aufgedeckt und Opfer interviewt haben. PsychologInnen und Whistleblower schaffen eine zusätzliche Faktenbasis. Gemeinsam ist allen Fällen, dass sexuelle Gewalt gezielt als taktische Waffe eingesetzt wurde: Es geht um Entwürdigung, Zermürbung und Demoralisierung. Die TäterInnen – auch männliche Opfer kommen zu Wort – sind dabei fast immer durch Immunität geschützt und kommen ungestraft davon.
Durch die Animation der Interviewsequenzen kann eine gewisse Distanz geschaffen und die Anonymität der Betroffenen gewahrt werden. Sie wechseln sich ab mit multimedialen Aktionen, die das Filmteam im öffentlichen Raum durchgeführt hat. Das Resultat ist ein erschreckender und wütender, aber extrem wichtiger Film, der hoffentlich noch vielen weiteren Ländern gezeigt werden kann. Keine Straffreiheit.
Unsere Empfehlungen für den Samstag:
12:15 Ruben Brandt, Collector – Making-of / 14:15 Schweizer Wettbewerb 1 / 18:30 The State Against Mandela and the Others / 22:45 Animated Musicvideo Darlings Vol.5
Das gesamte Programm ist hier zu finden.