4. September 2019
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
Das Fantoche Festival beginnt in den Septembertagen, in denen der Sommer noch in Baden ausharrt, man aber bereits weiss, der Herbst ist nicht mehr weit. Genüsslich verbringt man die letzten Sonnenstunden der Tage vor den Kinosälen, beim Festivalzentrum oder noch besser: geistig weit weg im Urlaub. Machbar ist dies im Filmbus auf dem Bahnhofplatz, der jeden Tag bis 22 Uhr Filme und VR-Erlebnisse bietet. Da fehlt nur noch der Drink mit Schirmchen in der Hand.
Flucht ist bei Film und Kino sowieso ein stetes Thema, sind die Projektionen eine Möglichkeit, mit dem Geist aus dem Alltag zu gleiten und sich in neue Personen oder Situationen zu versetzen. Nebst dem Fokusprogramm zur Migration bieten auch die Langfilme am diesjährigen Festival unterschiedlichste Gelegenheiten, das zeigte der Mittwochabend.
Buñuel in the Labyrinth of the Turtles
Land / Jahr: Spanien, Holland / 2018
Regie: Salvador Simó
Musik: Arturo Cardelús
Luis Buñuel, Regisseur und Unruhestifter, versucht in den 1930er-Jahren in Frankreich die Bevölkerung mit seinen surrealen Filmen aufzurütteln – doch dies wurde durch die vorherrschende Kirchentreue immer wieder verunmöglicht. Dank der finanziellen Unterstützung seines Freundes Ramón Acin wagte er sich an etwas neues, eine Dokumentation über das Gebiet Las Hurdes, eine der ärmsten Regionen in Spanien. Doch auch da kam ihm sein Ego immer wieder in die Quere.
Vermengt mit den originalen Aufnahmen aus dem Film „Las Hurdes: Tierra sin Pan“ zeigt uns der 2D-Animationsfilm Buñuel in the Labyrinth of the Turtles, wie sich die Geschehnisse im Leben von Buñuel zugetragen haben. Humoristisch, ernst und geschickt mit surreal anmutenden Traumsequenzen versehen, beweist Salvador Simó, dass reale Gegebenheiten der näheren Vergangenheit sehr wohl animiert auferstehen sollten. Besonders, da hier der Spagat zwischen Kunst, Geschichte und Dokumentation so geschickt gelingt. Nahe dem Stil der Ligne Claire, ist der Film angenehm unspektakulär und ein episodenhafter Ausschnitt aus dem Künstlerleben.
Grossartig, dass am Fantoche im Anschluss an die Projektion noch den originalen Dokumentarfilm „Las Hurdes: Tierra sin Pan“ gezeigt wird. Dadurch schleicht sich die Realität in die Fiktion, und umgekehrt können die gestellten Szenen der damaligen Produktion entlarvt werden. Ein Zeitzeugnis von Gewicht.
Weitere Spielzeiten: Fr., 06.09, 18:15 / So., 08.09, 18:30
Black is Beltza
Land / Jahr: Spanien / 2018
Regie: Fermin Muguruza
Sound Design: Edgar Vidal
Website: blackisbeltza.eus
Kompliziert und verworren waren sie, die revolutionären Jahre in den Sechzigern. Nicht nur in den vereinigten Staaten wurde die Gesellschaft durch die Black Panthers durcheinandergewirbelt, in Kuba wagte man sich an den bewaffneten Widerstand und das Baskenland kämpfte gegen Rassismus und Diskriminierung – mit weltweiter Sympathie. In dieser Wirrnis landet man bei Black Is Beltza mit Manex, der sich mit Hilfe des Untergrundnetzes durch die halbe Welt treiben lässt. Immer bereit, der Ungerechtigkeit in den Hintern zu treten.
Als Film ist diese Reise genauso wild und politisch, wie die Zeiten damals waren. Somit bietet die Arbeit des Musikers und Regisseurs Fermin Muguruza viele Eindrücke, zu viele fast, verlangen die Szenen volle Aufmerksamkeit. Dagegen wirkt die Animation teilweise zu schleppend und statisch, wobei der Ausgleich vor allem von der Tonspur kommt. Passende Songs aus der damaligen Hitparade, für den Film komponierte Stücke und geschickt gewählte Lieder der heutigen Zeit ergänzen die Bilder mit einem Feuerwerk an Beats und Melodien. Black Is Beltza ist wild, schnell und lehrreich – nur abdriften darf man auf keinen Fall.
Weitere Spielzeiten: Fr., 06.09, 22:45
Unsere Empfehlungen für den Donnerstag:
14:15 Fattore RSI / 18:30 The Tower / 20:45 Les hirondelles de Kaboul / 22:45 North of Blue
Das gesamte Programm ist hier zu finden.