3. September 2019
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
Es ist nun schon das 17. Jahr – das Fantoche nähert sich seiner Volljährigkeit. Wobei das Festival für Animationsfilm im aargauischen Baden die Kinderschuhe schon lange abgestreift hat und seine Besucher in jeder Ausgabe erneut mit einem vielseitigen, aufregenden und beeindruckenden Konzept begeistert. Dabei werden nicht nur alle Altersklassen mit der Programmgestaltung bedient, sondern auch Laien, Neugierige und das Fachpublikum. Projektionen, Ausstellungen, Workshops, Bootcamps – sechs Tage reichen fast nicht aus, um all diese Möglichkeiten auszukosten, wenn man nicht gleich für eine Woche in der hübschen Stadt an der Limmat nächtigt.
Nebst den obligatorischen Kurzfilmwettbewerben und aktuellen Langfilmen liegt ein Schwerpunkt des diesjährigen Fantoche beim Thema Migration. Unter dem Banner „Schuhe, Hemd und 100 Lire“ wurde eine Auswahl an Filmen zusammengestellt, welche die schwierigen und sehnsüchtigen Aspekte von Reisen und Fliehen behandeln. Beim zweiten Programmblock „La Svizzera italiana animata“ wagt das Festival einen Blick in den heimischen Süden und beleuchtet die Animationskunst aus der italienischen Landesregion und dem nahen Ausland.
Und wenn die Lichter in den Kinosälen ausgehen, wird am Fantoche 2019 noch lange nicht geruht – dafür sorgt nebst Ausstellungen und Restaurants wie jedes Jahr das Kulturlokal Royal. Disco, Konzerte, verrückte Vorstellungen – Videokultur trifft auf Party, Fische auf Kreativköpfe. Also nichts wie hin in die Bäderstadt.
Der Eröffnungsfilm des diesjährigen Festivals:
Ruben Brandt, Collector
Land / Jahr: Ungarn / 2019
Regie: Milorad Krstić
Musik: Tibor Cári
Die Ehre des diesjährigen Überraschungs-Eröffnungsfilms wurde Ruben Brandt, Collector zuteil. Ruben Brandt ist Psychoanalytiker – und er wird regelmässig von bizarren Albträumen geplagt. Figuren berühmter Kunstwerke erwachen darin zum Leben und wollen ihm ans Lebendige. Zusammen mit vier seiner Patienten gelangt er zur Überzeugung, dass er die fraglichen Kunstwerke besitzen muss, um seine Probleme zu überwinden. Eine spektakuläre Serie von Kunstrauben auf der ganzen Welt beginnt. Doch obwohl die Truppe immer wieder äusserst kreativ vorgeht, bleibt sie natürlich nicht unbemerkt. Bald ist ihnen ein Privatdetektiv namens Kowalski auf der Spur, der langsam in die Psyche Brandts vordringt und das Muster hinter den Diebstählen entschlüsselt. Dabei deckt er aber mehr Geheimnisse auf, als er ahnt, und findet sich plötzlich in einer ganz anderen Rolle wieder.
Ruben Brandt, Collector kommt dabei einem fast wahnhaften Bilderrausch gleich. Die Figuren sind kunstvoll-abstrakt gezeichnet und grösstenteils kubistisch inspiriert. Sie bewegen sich rasant durch die Szenen und fordern die volle Aufmerksamkeit der Zuschauer. So auch die zahlreichen Verweise auf Kunstwerke, verschiedene Genres und Popkultur; sie machen den Film zu einem Höchstgenuss für alle Liebhaberinnen. Als kleines Opfer dafür muss die emotionale Entwicklung der Charaktere herhalten – diese bleibt eher im Hintergrund, man identifiziert sich kaum mit der einen oder anderen Figur. Dank intensivem Spannungsaufbau, beachtlichen (und gut platzierten!) Actionszenen und der fantastischen Optik lässt einen der Film aber trotzdem kaum etwas vermissen. Ruben Brandt, Collector: Ein Highlight des Filmjahrs 2019.
Weitere Spielzeiten: Do., 05.09, 13:30 / Fr., 06.09, 20:45 / Sa., 07.09, 18:30
Unsere Empfehlungen für den Mittwoch:
12:15 Internationaler Wettbewerb 1 / 18: 15 Buñuel in the Labyrinth of the Turtles / 20:45 Black is Beltza / 22:45 Waltz with Bashir
Das gesamte Programm ist hier zu finden.