9. September 2018
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
So schnell gehen sechs Tage also zu Ende – doch zum Abschluss der 16. Ausgabe des Fantoche Festivals durfte man noch einmal ein paar ganz besondere Werke der Animationskunst geniessen. Und nebst den Filmen auch das Rahmenprogramm ein letztes Mal auskosten: So war die Stanzerei einmal mehr der Ort, um in liebevoll animierte Spiele oder virtuelle Realitäten einzutauchen.
Der Kunstraum liess derweil hinter die Kulissen blicken und zeigte Skizzen, Modelle und Figuren aus dem Entstehungsprozess verschiedenster Kurz- und Langfilme. Die Ausstellung „Swiss Animation – bewegt!“ bleibt übrigens noch bis zum 16. September 2018 in Baden.
Chris The Swiss
Land / Jahr: Schweiz, Kroatien, Deutschland, Finnland / 2017
Regie: Anja Kofmel
Musik: Marcel Vaid
Website: christheswiss.net
Sicherlich einer der eindrücklichsten und gleichzeitig erschütterndsten Filme dieses Jahr war „Chris The Swiss“. Regisseurin Anja Kofmel arbeitet darin den Tod ihres Cousins Christian Würtenberg auf, der sich im Jugoslawienkrieg als Journalist einer Söldnertruppe anschloss und unter diffusen Umständen ums Leben kam. Der Film besteht zu grossen Teilen aus Archivmaterial, Interviews und der Dokumentation der Nachforschungen, die Anja Kofmel anstellte. Animiert wurden hingegen die Szenen aus Chris‘ Zeit in Kroatien – eine Notwendigkeit, da seine eigenen Aufzeichnungen nie gefunden wurden und man sich nur ausmalen kann, was sich genau zugetragen hat. Das Resultat ist ein beeindruckender und mutiger Dokumentarfilm.
In den Schweizer Kinos wird „Chris The Swiss“ ab kommendem Donnerstag, 13. September 2018, regulär gezeigt.
Evolution of Animated Sexuality: From Pioneers to the Youngest Generation
10 Kurzfilme aus dem Programm „Doucement Sexy“
Wie hat sich der Umgang mit der Sexualität in dem Animationsfilm in den letzten Jahrzehnten eigentlich entwickelt? Können Tendenzen festgestellt werden, und sind wir heute wirklich weniger prüde? Mit den zehn Kurzfilmen im Sonderprogramm „Doucement Sexy“ durfte man sich selbst auf eine Zeit- und Forschungsreise begeben, zurück bis in die Siebziger. Und mit „Asparagus“ zeigte Suzan Pitt damals auch herrlich auf, was unerlaubte Beobachtungen in uns auslösen können. Womit die heutige Generation mit „Stop Peeping“ (Wong Ping) einiges perverser nachzog.
Schön bildete das Kuratorenteam immer entgegengesetzte Paarungen, welche das gesamte Spektrum und die zeitliche Distanz offenbarten. Auch wenn sich zwischen Mann und Frau in den letzten Jahrzehnten nicht so viel verändert hat – dank neuen, moralischen Richtlinien und natürlich erweiterten Technologien wurde diese Entdeckungsreise sehr überraschend. Und Filme mit Namen wie „Little Vulvah & Her Clitoral Awareness“ (Sara Koppel) versprachen eindeutig nicht zu viel.
Best Of Fantoche 2018
Die Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs
Am Abend war es dann wieder soweit, die Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs wurde bekanntgegeben. Alle Filme, welche eine Trophäe nach Hause nehmen konnten, sind unter diesem Link aufgelistet. Schön war auch dieses Jahr zu sehen, dass nicht nur Standardware begünstig wurde, sondern abenteuerliche und andersartige Filme. Wer sich in den Blockprogrammen aufgehalten hatte, der kannte beim „Best Of Fantoche“ natürlich bereits einige Streifen, dem Spass tat dies aber keinen Abbruch.
Besonders hervorzuheben wäre hier natürlich „Wildebeest“ von Nicolas Keppens und Matthias Phlips, welche eine wunderbar lustige und berührende Geschichte von Touristen in echte Safari-Aufnahmen einbanden. Oder „Enough“ von Anna Mantzaris, in dem alltägliche Situationen in urkomischen Ausrastern enden – wer fühlt da nicht mit? Mit „Fest“ von Nikita Diakur gab es dann den verdienten Award für das Risiko und die Wildheit in der Animation, im freien Fall sozusagen.
Ein Gewinnerprogramm, das wunderbar aufzeigte, wie vielfältig und aufregend das Fantoche in seiner 16. Ausgabe erneut war. Wie immer hat es sich mehr als gelohnt, diesem Fest beizuwohnen und die Fühler in die immer wieder überraschende Welt der Animation auszustrecken. Sei es für Cineasten, Abenteurer oder Baden-Erkunder — hier findet jeder seine Perle. Also bis zum nächsten Jahr, wenn es wieder heisst: „Film ab!“
Das gesamte Programm ist hier zu finden.