8. September 2018
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
Die gewünschte Vorstellung ist ausverkauft? Das kann am Fantoche immer wieder vorkommen, werden besonders Premieren und spezielle Screenings schier überrannt. Doch leer auszugehen ist kein Verdruss, bietet das Rahmenprogramm auch ausserhalb der Lichtspielsäle eine wunderbare Vielfalt – für jung und alt. So gibt es den Filmbus auf dem Bahnhofsplatz, in dem man nicht nur Kurzfilme zum Thema Mobilität geniessen darf, sondern auch gleich in eine 360°-Welt eintauchen kann.
Noch besser tauchen lässt es sich im Bagno Popolare, dem öffentlichen Thermalbad inklusive Bar und Kinoprogramm. Mehr Entspannung gibt es an einem Animationsfilmfestival wohl nicht. Ausser vielleicht man besucht das DoK und blättert verschmitzt durch die erotischen Comics von „Fumetto seduces: Sexy selection“. Da werden die Augen wunderbar gross und rund.
International Competition 2
7 Kurzfilme aus diversen Ländern
Réka Bucsi durfte ihren Film „Solar Walk“ nicht nur persönlich am diesjährigen Fantoche vorstellen, sie verzauberte mit diesem verspielten, fantasievollen Weltraumtrip wohl alle im Publikum. Ohne Dialog, dafür mit fesselnden Bildern und grossartiger Klangkulisse, dieser Spaziergang war einzigartig. Boris Labbé hielt mit seinem albtraumähnlichen Film „La Chute“ dagegen und vermischte die Abgründe eines Hieronymus Bosch mit handgemalten, kreisförmigen Abläufen.
Etwas leichter verdaulich zeigten sich die Filme „Flower Found!“ (Jorn Leeuwerink), in dem die Waldbewohner gemeinsam einen Blumendieb suchen, oder „Electrician’s Day“ (Vladimir Leschiov), der die Auswirkungen eines Stromschlages zeigt. Aber auch hier galt: Nicht alles ist wie vermutet, die Überraschung lauert hinter jeder Ecke. Wunderbar war auch zu erleben, wie grossartig alle Filme ohne gesprochene Sätze auskamen.
Schweizer Wettbewerb 1
10 Kurzfilme aus der Schweiz
Die Vielfalt der Schweizer Animationsszene, von alten Hasen bis frischen Talenten – im Schweizer Wettbewerb durfte man erneut alles erleben. Gaël Kyriakidis und Fanny Dreyer zeigten mit „Dimanche“ auf, was passieren würde, wenn der Sonntag seine Stellen verlieren würde. Ein pures Arbeitsleben? Nein, danke. Viel lieber streift man als Backpacker durch die Welt („CONCRETE“ von Aira Joana, Luca Struchen, Nicolas Roth, Pirmin Bieri) oder beobachtet die Fische bei ihrem Tun („Drôle de poisson“ von Krishna Chandran A. Nair).
Meist waren es aber die nachdenklichen und emotionalen Themen, welche diesen Wettbewerbsblock beherrschten. Besonders beeindruckend war das audiovisuelle Spektakel von „Shamâne“ (Nicolas Moreau, Stéphan Nappez, Hasan Hulaj), oder die Nacherzählung „59 Seconds“ (Mauro Carraro) des zerstörerischen Erdbebens in Friaul in den Siebzigerjahren. Und leicht an „Black Mirror“ erinnernd, dafür teilweise aus meiner Heimtstadt Zofingen stammend, war „proxy“ von Haidi Marburger, Nina Hoffmann,und Ramon Arango.
Schweizer Wettbewerb 2
12 Kurzfilme aus der Schweiz
Bunt durchmischt waren die gezeigten Filme im zweiten Schweizer Wettbewerb. Man konnte in fremde Städte und ihre Besonderheiten eintauchen („Travelogue Tel Aviv“), Stop-Motion-Figuren beim Kanonenweitflug bestaunen („The Cannonball Woman“) oder sein Mitgefühl der Spätzünder-Kaulquappe „KUAP“ schenken, die gezeichnet in reale Aufnahmen eingefügt wurde. Auch eine humorvolle Beleuchtung unserer Smartphone-Gesellschaft kam mit „SELFIES“ nicht zu kurz, und sogar ein Musikvideo in Collagentechnik („Bouge ton coeur“ für Šuma Čovjek) war mit dabei.
Bango Popolare: Eau là là!
8 Kurzfilme im Wasser
Baden ist eine bekannte Kur- und Bäderstadt – da liegt es nahe, dass man das Filmvergnügen mit einem nassen Plausch in Verbindung bringt. Und dank dem extra aufgebauten Becken des Bagno Popolare durften sich die Besucherinnen und Besucher am Samstagabend in 37° warmes Wasser hüllen, ein Getränk geniessen und auf der Leinwand diverse Kurzfilme über das nasse Element geniessen. Und vielleicht fand man zwischen Entspannung und Spass ja auch gleich noch eine neue Liebe, wie in „Bottle“ von Kirsten Lepore. Mit „Immersion“ gab es auch einen Film aus der Schweiz zu sehen, in dem Lalita Brunner die Schwäche ihrer Hauptfigur in eine Stärke umwandelt.
Animated Musicvideo Darlings
21 Musikvideos aus diversen Ländern
Ein persönliches Highlight (für mich und das Fantoche-Team) stellt jedes Jahr die Zusammenstellung der animierten Musikvideos dar. Hierbei wird keine Einschränkung durch Thema oder Entstehungsjahr vorgelegt, es bestimmen alleine die Lust und Freude an den Werken. So gab es visuell faszinierendes zu sehen, wie „Woodswimmer“ von Bedtimes oder „Trippy Isolater“ von Young Marco – aber auch treibende Rhythmen, laute Beats und eingängige Reime zu hören. Schnell zappelte man im Kinosessel und freute sich über die Geschichte von „Dolly Said No To Elvis“ (Mark E. Nevin) oder das Treffen mit der Poplegende Sparks („Edith Piaf (Said It Better Than Me)„). Ja, da störte sogar Nicki Minaj nicht.
Unsere Empfehlungen für den Sonntag:
14:15 Chris the Swiss / 16:15 Silly, Sexy, Silly / 18:30 Evolution of Animated Sexuality / 20:45 Best of Fantoche
Das gesamte Programm ist hier zu finden.