7. September 2018
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
An einem Festival wie dem Fantoche geht es ja nicht nur darum, aktuelle und ältere Filme zu geniessen, sondern auch hinter die Kulissen blicken zu können. Sei man nun Fachpublikum oder privat interessiert, die 16. Ausgabe bot in Baden wieder viele Möglichkeiten, die normalen Pfade zu verlassen. Dass man sich dabei immer einem Wagnis aussetzt, das ist klar. Aber die Herausforderung gehört einfach dazu, da nimmt man auch schräge und verwirrende Situationen in Kauf. Da sich die Kuratoren aber auf grosse Vielfalt verlassen, sollte auch dieses Jahr niemand leer ausgehen.
Latvian Shorts II
9 Kurzfilme aus Lettland
Lettland war für mich persönlich ein ziemlich weisser Fleck auf der Kino-Landkarte, besonders im Bereich des Animationsfilms. Dank dem diesjährigen Fokus am Fantoche, welcher passend zum 100-jährigen Staatsjubiläum stattfindet, konnte aber auch diese Lücke geschlossen werden. Mit der zweiten Kurzfilmesammlung wurde einem vor allem vor Augen geführt, wie stark ausserhalb der Norm in dem Land gearbeitet wird. „The Trumpeter Of Talava“ (Ansis Bērziņš) war in dem Block der älteste Beitrag (1988) und zugleich auch sehr kryptisch. Wobei sich die Computeranimation „The Ship“ von Egils Mednis auch lieber auf düstere Bilder und unheimliche Geräusche als eine Erklärung verliess.
Mit „Choir Tour“ (Edmunds Jansons) oder „Complicated Futility“ (Krišs Salmanis) kam allerdings auch der Humor nicht zu kurz, in Beiträgen, die nicht nur menschliche, sondern auch nationale Eigenheiten aus einer amüsanten Sichtweise zeigten. Mensch, Tier, Beziehungen, Gefühle – alles war dabei.
Isle Of Dogs – Making Of
Land / Jahr: USA / 2018
Regie: Wes Anderson
Musik: Alexandre Desplat
Website: isleofdogsmovie.com
Schnell war diese Veranstaltung und das dazugehörige Screening des neuen Films von Wes Anderson ausverkauft – was aber auch nicht erstaunen sollte. Denn wann erhält man sonst die Gelegenheit, mitwirkende Künstler von „Isle Of Dogs“ persönlich zu treffen und in ihre Arbeitsweise Einblick zu erhalten?
Moderiert von Erik Van Drunen zeigten Kim Keukeleire (Lead Animator) und Roy Bell (Art Department – Head of Painting), dass die Produktion eines Stop-Motion-Films aufwändig, mühselig, aber zugleich immer interessant und fordernd ist. Und auch humorvoll, etwa dann, wenn der Regisseur seine Anweisungen per Video verschickt und im Hintergrund jemand laut schnarchend seinen Rausch ausschläft. Oder wenn dank cleverer Tricks ultraflache Sets im Film plötzlich metertief wirken. So war dieser tiefgehende Vortrag besser als die synthetischen Making-Of-Beiträge auf den DVDs und auch dann wunderbar unterhaltsam, wenn man den Langfilm gar noch nicht geniessen durfte.
Vocalic Bodies
7 Kurzfilme aus dem Programm „Doucement Sexy“
Über intime oder sehr persönliche Dinge zu sprechen, das ist nicht einfach, schon gar nicht, wenn man dabei gefilmt oder aufgezeichnet wird. Dank der Filmform „Vocalic Bodies„, welche die Sprachaufzeichnungen mit losgelösten, animierten Bildern vermischt, erhalten die Personen aber Freiheit und Anonymität. So wird bei „Never Like The First Time“ von Jonas Odell bereitwillig von der Entjungferung gesprochen, mal amüsant, dann wieder bedrückend. „Little Deaths“ (Ruth Lingford) wagt sich mit fluiden und gerne auch abstrakten Zeichnungen an den Orgasmus und in „Private Parts“ erkundete Anna Ginsburg die Namensgebung des Genitalbereichs.
Ein Sonderprogramm, das mehr als passend benannt wurde und zum anstrengenden Teil als Ausgleich noch drei Kurzfilme bot, die ohne Worte und mit grosser Poesie den menschlichen Körper erkundeten.
Weitere Spielzeiten: Sa., 08.09, 22:45
Oscar-Shortlist: Fantoche Choice
10 Kurzfilme von ehemaligen Oscar-Gewinnern
Warum verdient der eine Kurzfilm einen Oscar, der andere muss aber auf der Shortlist verharren und leer ausgehen? Wie so vieles im Leben ist auch dies eine subjektive Entscheidung der Jury – welche nicht immer wirklich nachvollziehbar ist. Umso besser also, bot das diesjährige Fantoche mit der hauseigenen Auswahl dem Publikum die Möglichkeit, selbst zu wählen und diskutieren.
So gefiel mit „Dear Basketball„, der diesjährige Gewinner von Glen Keane, nicht wirklich, stellt er doch vor allem eine sichere und langweilige Wahl dar. Handelnde Figur und Produzent Koby Bryant kommt auf jeden Fall gut weg – nicht so wie unsere zukünftige Fortpflanzung, welche in „E-Delivery“ von Young Gul Cho von Maschinen und gentechnischen Zaubereien erledigt wird. Oder gleich ad absurdum geführt wird, wenn sich Mann und riesige Taube gemeinsam in einer Wohnung einnisten bis zum wahnsinnigen Ende („Hold Me (Ca Caw Ca Caw)“ von Renee Zhan).
Wunderbar treffend und bissig hingegen ist Chenglin Xies „Life Smartphone“ über den Wahnsinn unseres Telefonverhaltens, süss und hinreissend „I Like Girls“ (Diane Obosawin) über Frauen, die das eigene Geschlecht entdecken. Und natürlich das Wiedersehen mit „Nothing Happens“ von Uri und Michelle Kranot. Um den goldenen Mann nach Hause tragen zu dürfen, wäre dies wohl aber alles zu andersartig und kritisch.
Weitere Spielzeiten: Sa., 08.09, 10:00 / So., 09.09, 18:30
Unsere Empfehlungen für den Samstag:
14:15 When Animation Meets Game Design / 16:15 Schweizer Wettbewerb 2 / 18:30 The Breadwinner / 21:00 Virus Tropical
Das gesamte Programm ist hier zu finden.