5. September 2018
Diverse Orte – Baden
Website: fantoche.ch
Viele begeben sich in die dunklen Kinosäle, um abzuschalten und sich vom Alltag wegtragen zu lassen – dabei bietet die Filmwelt grosse Möglichkeiten, in bisher verschwiegene Geschichten und hinter menschliche Fassaden zu schauen. Schön also, zeigt sich das Team des Fantoche Animationsfilmfestivals dieses Jahr erneut mutig und bringt schwierige, aber umso wichtigere Filme nach Baden. Mit dem ersten vollwertigen Tag der 16. Ausgabe durfte man somit nicht nur vielen Premieren beiwohnen, sondern auch fast vergessene oder zumindest verdrängte Themen aufgreifen.
Damit aber nicht alles zu erdrückend wirkt, gab es mit dem weiteren Programm viele Möglichkeiten, die Wettbewerbe oder Kunstprojekte zu bestaunen. Und mit „It’s GIF, not JIF“ wurde auch die Nacht im Royal zum ersten Mal verlängert. Da soll noch einer sagen, Filmfestivals seien eine stoische Angelegenheit.
https://vimeo.com/266702900
Another Day Of Life
Land / Jahr: Polen, Spanien, Deutschland, Ungarn / 2018
Regie: Raúl de la Fuente, Damian Nenow
Musik: Mikel Salas
Website: anotherdayoflifefilm.com
Mischtechniken sind immer schwierig, besteht schliesslich die Gefahr, dass ein Element das andere entwertet. Beim Langfilm „Another Day Of Life„, einer europäischen Koproduktion aus diesem Jahr, passiert dies allerdings zu keiner Minute. Animierte Szenen geben realen Filmaufnahmen und dokumentarischen Sequenzen die Hand, nahtlos und perfekt zusammengeschnitten. Für die Geschichte ist es auch von grossem Wert, dass man als Zuschauer immer wieder die Gewissheit erhält, dass alles Gesehene der Wahrheit entspricht. Denn die Geschichte um den polnischen Kriegsreporter Ryszard Kapuściński, der inmitten des angolanischen Bürgerkriegs 1975 nach Neuigkeiten und Lösungen sucht, ist in ihrer Härte und Intensität schnell verdrängt.
Es ist den beiden Regisseuren Raúl de la Fuente und Damian Nenow zu verdanken, dass das Aufarbeiten eines schrecklichen Kapitels in der afrikanischen Geschichte so packend und menschlich ausfällt. Immer wieder werden die Gedanken der Charaktere in den Mittelpunkt gestellt, deren Gewissensbisse und schwerwiegende Entscheidungen. Dazu gesellen sich fantastisch ausgeführte Grafiken, traumartige Bilder und ein Soundtrack, der noch lange mitschwingt. „Another Day Of Life“ ist in jeder Sekunde ein vereinnahmender und fesselnder Film, der noch lange im Kopf bleibt.
Weitere Spielzeiten: Fr., 07.09, 20:45 / So., 09.09, 18:30
International Competition 1
8 Kurzfilme aus diversen Ländern
Jedes Jahr ein Highlight sind die International Competitions – eine Jury-Auswahl internationaler Kurzfilme, über die das Publikum abstimmen darf und deren Beliebteste am Ende des Festivals noch einmal gezeigt werden. Von kafkaesk („Caterpillarplasty„) über gesellschaftskritisch („Weaker Sex„) bis fragwürdig-verstörend („Dogs Minds„) war in der ersten Ausgabe schon mal alles dabei.
Weitere Spielzeiten: Do., 06.09, 16:15 / Fr., 07.09, 20:45 / Sa., 08.09, 12:15
Mutafukaz
Land / Jahr: Frankreich, Japan / 2017
Regie: Shoujirou Nishimi, Guillaume Renard
Musik: Guillaume Houzé, The Toxic Avenger
Website: mutafukaz.com
„Dark Meat City“ heisst die fiktive, dystopische Version von Los Angeles, in der der Langfilm Mutafukaz spielt. Das japanisch-französische Regieduo jagt die Hauptfigur Angelino und seine Freunde – Vinz, einen flammenbestückten Totenkopf, und etwas Fuchsartiges namens Willy – durch die gnadenlosen Slums, während sie von Männern mit goldenen Knarren gejagt und von tentaklischen Halluzinationen verfolgt werden. Die grotesk-witzigen Figuren sind sympathisch, und für Action ist gesorgt – eine gelungene Abwechslung zu den schwereren Filmen am Fantoche, wenn auch mit gewissen Tempoproblemen.
Basierend auf der gleichnamigen und sehr erfolgreichen Comicreihe ist dies bereits die zweite Verfilmung von Guillaume Renards eigenem Material, versuchte er sich bereits 2002 mit „Mutafukaz: Operation Blackhead“ an einem Kurzfilm.
Weitere Spielzeiten: Sa., 08.09, 22:45
Ce magnifique gâteau!
Land / Jahr: Belgien, Frankreich, Holland / 2018
Regie: Emma de Swaef, Marc James Roels
Sound Design: Bram Meindersma
Website: mutafukaz.com
Sich zu später Stunde noch einmal ins Kino zu begeben, das kann in teuren Einschlafhilfen enden. Mit dem kurzen Langfilm „Ce magnifique gâteau!“ bestand diese Gefahr allerdings nicht, verzauberte das neuste Ergebnis aus dem Beast Animation Studio doch mit seinen wunderschön gemachten Stop-Motion-Bildern und dem herrlichen Humor. In fünf Kapitel aufgeteilt, durfte man in die Zeiten der holländischen Kolonien in Afrika eintauchen und sich zwischen aberwitzigen und tieftraurigen Momenten bewegen. Als Kaleidoskop der Perspektiven und Erfahrungen aufgebaut, zeigte „Ce magnifique gâteau!„, wie unglücklich das Leben dort machen konnte.
Perfekt passend wurden auch die Vorfilme gewählt, gab es beim japanischen Werk „The Demon“ eine melancholische und bei „Panique Au Village: Le grand sommeil“ eine verrückt bunte Einstimmung. Ein handwerklich und stimmungsmässig genial gemischter Abschluss dieses Festvialtages also.
Weitere Spielzeiten: Do., 06.09, 16:15 / Sa., 08.09, 20:45
Unsere Empfehlungen für den Donnerstag:
16:15 Chris the Swiss – Making-Of / 18:30 Animeo & Humania (Royal) / 20:45 Schweizer Wettbewerb 1 / 22:45 La casa lobo
Das gesamte Programm ist hier zu finden.