Datum: 6. November 2015
Ort: Kofmehl – Solothurn
Band: Everlast
Kann man es schaffen nur mit einer Gitarre, einem Keyboard und einer bis zum Rand gefüllten Whiskey Flasche ein abendfüllendes Konzerterlebnis auf die Bühne zu bringen? Man(n) kann das sogar sehr eindrücklich wie an diesem Abend in Solothurn zu erleben. Vor allem dann, wenn sich zu diesen zwei Instrumenten noch die einzigartige Stimme von Everlast dazugesellt. Sie ist urzeitlich tief und dunkel wie eine sternenlose Nacht. Stahlwollekratzig schrubbt sie sich ihren Weg regelrecht in des Zuhörers Musikseele.
Das Programm, eine Mischung aus Folk, dezentem Rap, Country und ganz viel Blues. So ist gleich auch der erste Song des Abends „Broken“ schwer von letzterem getragen. Zieht sich ganz langsam dahin und lässt zwischendurch den Fokus auf das Keyboard richten, welches zartbesaitet den tiefen Klang von Everlast‘ Stimme begleitet. Ein Auftakt nach Mass, gefolgt von einer rasanten Countryblues Nummer.
Dazwischen und das scheint enorm wichtig zu sein, immer wieder ein tiefer Blick ins Glas. Tja Whiskey helps wird Everlast nicht müde an diesem Abend vielfach zu erwähnen, bevor er sich dann jeweils einen kräftigen Schluck eben jenes Gebräus gönnt. Die Kadenz in welcher das Glas immer wieder aufgefüllt wird erstaunt mich. Gut äussert sich der doch recht enorme Konsum jedoch über den ganzen Abend hin lediglich in der zunehmenden Kontaktfreudigkeit des Musikers mit dem Publikum, denn weniger in der Qualität des Gesangs.
Mit „Little Miss America“ geht’s nach einem zusätzlichen Schluck Whiskey weiter. Dieser Song von einem früheren Album hat Everlast gekonnt neu arrangiert, so das er in die jetzige Live Acoustic Tour passt. So wird aus dem einstmals vor allem durch die Drums getragenen Popsong ein zartes, minimalistisches Glanzstück, das allein von der kraftvollen Stimme lebt. Sehr eindrücklich. Die Stückauswahl ist ein gelungener Mix aus langatmigen Songs wie „Weakness“ gepaart mit schnellen, eingängigen Melodien wie bei „Stone In My Hand“. Dadurch wirkt das Ganze nie langweilig und dass obwohl die Bühne einem Standbild gleicht. Doch wer braucht eine Bühnenshow, bei einer solch enormen Ausstrahlung, wie sie diesem Sänger gnädig ist.
Gekonnt vermag es Everlast einmal mehr wieder Genreübergreifend zu überzeugen und sich selber dabei in Szene zu setzen. Musikalisch liess sich dieser Mann noch nie einschränken und traut sich mittlerweile sogar an den Country, was zwar abwechslungsreich ist, jedoch krass ungewohnt. „Sad Girl“ ist dann nochmal ein Paradebeispiel des Zusammenspiels der Gitarre mit seinem einzigen Pendant auf der Bühne dem Keyboard. Das Publikum wiegt sich hinein und geniesst ganz einfach, bevor mit „What It’s Like“ der Konzertabend mit dem wohl grössten Hit endet.
Obwohl, die Whiskey Flasche ist ja noch nicht leer. Da muss doch noch was kommen. Tatsächlich bilden die Zugaben wohl den schönsten Part des ganzen Abends. Während sich der Protagonist noch hinter der Bühne erholt, gibt’s für das Publikum den vollen Genuss des Keyboards. „White Trash Beautiful“, ebenfalls allen geläufig, bildet dann schlussendlich den Abschluss und den Höhepunkt. Das danach folgende reine Countrystück hätte es meiner Ansicht nach nicht mehr benötigt.
Schuster bleib bei deinem Leisten, heisst es so schön. Ein Sprichwort das auf Everlast mitnichten zutrifft. Seit 25 Jahren im Musikbusiness, macht Erik Schrody, so sein bürgerlicher Name, alles was er anfasst zu Gold, namentlich in Form von Grammys und Multi Platin Seller. Und so ist auch diese Idee, sich minimalistisch, als dem Blues verschriebener Singer Songwriter zu versuchen, von meiner Seite her mit Gold belohnt.
Die Wandelbarkeit von Everlast ist dabei wohl einzigartig, was auch an diesem Konzert in Solothurn von Mr. Schrody wieder demonstriert wird. Äusserlich würde man diesen Kerl nach wie vor dem Hip Hop zuschreiben, hier wo ja auch seinen Wurzeln liegen. In seinem Innern versteckt sich jedoch eine Bluesseele die gehört werden will.
Freuen wir uns doch auf die nächste Verwandlung dieses musikalischen Tausendsassas. Den Country soll er dabei aber bitte aussen vor lassen. Dieses Konzert jedenfalls war ein Genuss. Wer den weiteren musikalischen Werdegang dieses Künstlers verfolgen möchte ist mit dem #Whiskeyhelps bei Twitter gut aufgehoben. Das dürfte spannend werden.
Text: Sebastian Leiggener