Datum: 19. März 2012
Ort: Härterei – Zürich
Bands: Deichkind
Deichkind, unser liebster deutscher Derwisch, begattete Mutter Helvetia oder besser gesagt beehrte die Zürcher Härterei (Maagareal, Kreis 5). Vom stark fliessenden Zuschauerstrom liess sich das Musikerkunterbunt aber nicht beirren und startete mehr oder minder pünktlich um Acht. Hunderte von Konzertgängern verpassten deshalb den Anfang, ja, zuweilen sogar um eine halbe Stunde.
So oder so, Deichkind spielten ohnehin geschlagene zweikommafünf Stunden, jedweder kam also auf seine Kosten. Dem frenetischen Jubel nach kam auch ziemlich jeder der Anwesenden auf seine Kosten. Apropos Anwesende: Nicht wenige waren „in disguise“, vom Ganzkörperbärenanzug über Müllsackkleider hin zu orangefarbenen Schwimmflügel – es gab alles. Der Fantasie wurde wahrhaftige freien Lauf gelassen. Dennoch aber entwuchs sie nie ihren Kinderschuhen.
Fantasie, allerdings ausgegorene!, zeigten standesgemäss auch Deichkind. Sowohl Bühnenausstattung als auch Choreographien wechselten sich im gefühlten Minutentakt. Der Unterhaltungswert angelte sich von Höhenpunkt zu Höhenpunkt. Famos. Das Musikalische liess dagegen immer wieder Klasse vermissen. Schuld daran trägt insbesondere Deichkinds neuster Silberling „Befehl von ganz unten“. Im Vergleich zu vergangenen Kostbarkeiten führt das trance-geschwängerte Album wenig bis keine Andersartigkeiten ins Feld. Dafür aber unwirtliche (Schunkel-)Tracks wie „Leider geil“.
Dem Publikum war’s egal und wähnte sich von Anfang bis zum Schluss im Freudetaumel!
Text: Cyril Schicker