21. Dezember 2017
Coq d’Or – Olten
Bands: Neo Noire / Palmer / NevBorn
Olten – eine Kleinstadt in der Mitte der Deutschschweiz, hier findet alles zusammen. Für einen Donnerstagabend kurz vor Weihnachten trafen somit Herren aus Langenthal, Basel und Neuchâtel nicht nur aufeinander, um den Zug zu wechseln. Das Czar Road Fest machte seinen dritten Halt im Coq d’Or und zelebrierte die harte Gitarrenmusik der Schweiz zum Jahresabschluss. Auf die Beine gestellt vom Czar Of Crickets-Label aus der Rheinstadt und bestes Beispiel für die heimische Qualität der Szene wurde dies ein lauter und düsterer Abend.
Denn bereits mit der ersten Band NevBorn, welche dieses Jahr mit ihrer neuen EP „Daidalos“ überzeugte, wurde nicht nur die Bühne im Keller des Kulturlokals überladen, sondern mit gleich drei Gitarren und einem fett brummenden Bass die Soundanlage und Gehörgänge der Anwesenden getestet. Die Gruppe pflügte sich durch ein mitreissendes Set aus hartem Post-Rock und vielen Einflüssen des Metals. Unglaublich, wie spielfreudig die Musiker ihr Konzert angingen und sich oft mehr vor der Bühne als hinter den Monitorboxen bewegten. Nicht nur das eine Instrument blieb nach diesem Auftritt erschlagen im Raum zurück.
Mit dem zweiten Konzert gab es jedoch keine Sekunde Ruhe, um davongetragene Blessuren zu heilen. Palmer aus dem Kanton Bern sind schliesslich seit über 16 Jahren dafür bekannt, die Grenzen des Post-Metal auszuloten. Auch mit dem neusten Album „Surrounding The Void“ zeigen sie sich von internationaler Grösse und versuchten dies in Olten zu beweisen. Doch leider wollte für mich der Funken nicht überspringen, oft wirkte das Konzert etwas zu angestrengt. Steve Diener legte zwar ein wahres Growl-Feuerwerk hin und Ueli Heiniger bearbeitete den Bass, als hätte er vier Hände – es fehlte aber etwas an der Spannung. Dies tat der Stimmung zum Glück keinen Abbruch, denn die Besucher waren nun defintiv wach.
Und die Lust auf geile Riffs, tolle Melodien und heroische Refrains wurde nun geweckt und mit dem dritten und letzten Act auch herrlich befriedigt. Neo Noire haben im Mai mit „Element“ nicht nur ihr Debütalbum vorgelegt, sondern auch gleich den Grunge in die heutige Zeit katapultiert. Grund genug, die Musiker, welche man bereits von Bands wie Zatokrev oder Gurd kennt, durch mitreissende Stücke wie „Save Me“ zu begleiten und Glieder und Haare wild zu schütteln. Dank wechselndem Gesang, mehrstimmigen Gitarrenfiguren und einem vorantreibenden Drumming wurde der Auftritt zum perfekten Abschluss – inklusive eines brandneuen Songs.
Das Czar Road Fest hatte somit alles, was man an der Weihnachtsfeier vermissen wird: Laute und harte Musik, sympathische Männer mit viel Liebe zur Kunst und ein Zusammenhalt, der Kantonsgrenzen und Vorurteile schon lange pulverisiert hat. Gerne gehen wir mit diesen Leuten im nächsten Jahr wieder auf die Strasse und in die Keller.
Text: Michael Bohli
Bilder: Kathrin Hirzel