27. April 2018
Oxil – Zofingen / Coq d’Or – Olten
Bands: Klain Karoo / East Sister / Ester Poly / PYLONE / Moritz Gourmet
Wär hätte jemals gedacht, dass man einen Konzertabend auch in Unterführungen und auf Bahnsteigen geniessen kann? COX, die erste Liebesbekundung der regionalen Kulturlokale von Olten und Zofingen, lieferte am Freitag nicht nur den Beweis dazu, sondern perfektionierte die Zusammenarbeit für solche Anlässe. Mit einem vielfältigen Programm und einer Abendstruktur, die das gemeinsame Erlebnis intensivierte, wurde die viel gemachte Tätigkeit des Konzertebesuches aussergewöhnlich. Und wer weiss, vielleicht hat man sogar neue Freunde fürs Leben gefunden.
Alles begann bei noch strahlendem Sonnenschein im Oxil in Zofingen. Der relativ junge Club hatte etwas Pech bei der Besucherzahl, doch die Anwesenden erfreuten sich an den tollen Songs von Klain Karoo. Die Gruppe aus der Umgebung von Winterthur zelebrierte nicht nur ihre neuste Veröffentlichung „Lights Down Low„, sondern den elektronische Pop mit modernen Einflüssen. Sängerin Carla führte mit ihrer kräftigen und wunderbar rauen Stimme durch Lieder, welche mit Schlagzeug und Synthies leichte Melodien und immer wieder sehr tanzbare Rhythmen aufwiesen. Schön war es zu sehen, mit wieviel Freude die vier Musikerinnen und Musiker an den Auftritt herangingen und sich auch nicht von falschen Songnamen und widerspenstigen Mikrofonständern ablenken liessen.
Ebenso entspannt ging es danach in der benachbarten Brockenstube zugange. Zwischen Bananenkisten, merkwürdigen Schlangenlampen und alten Büchern suchten East Sister den perfekten Indie-Song und umgartnen die neugierigen Zuschauer mit dem zweistimmigen Gesang von Lorraine Dinkel und Laura Schenk. Leichthändig unterstützt von Schlagzeuger Amadeus Fries schunkelte man durch den Jazz, den Pop und das Singer-Songwritertum. Musik also, die sich bei diversen Stilen und Einflüssen bedient und somit auch perfekt in ein Gebäude passt, in dem Gegenstände aus aller Welt zu neuen Kombinationen zusammengebracht werden.
Das wirkliche Highlight des Abends war aber der gemeinsame Spaziergang zum Bahnhof, der immer wieder durch kleine Darbietungen aufgelockert wurde. Es war somit nicht nur ein Erlebnis wie eine Schulreise für Grosse, sondern der Auslöser für ein grosses Gemeinschaftsgefühl. Tipi Mike verlieh der Unterführung einen psychedelischen Anstrich mit seiner Gitarre und wunderbaren, effektbeladenen Improvisationen, Ronny The Cat verwandelte den Bahnhof mit seinem Akkordeon in eine Flanierzone am Mittelmeer. Das begeisterte sogar die Insassen des Zofinger Gefängnisses und erstaunte Passanten.
Und dass man in der SBB mehr als nur Pendelstress und Nervenstrapazen erleben kann, bewiesen Rootkid und Kissi mit ihren Spoken-Word-Beiträgen. Über Kultur und den Clubbetrieb wurde gereimt, über den Alltag und dessen Irrungen – bis man in Olten angelangt war und sich vor dem Coq d’Or mit einem Shot stärken konnte und in der Bar L.P. Dark lauschte. Der Auftritt von Ester Poly im Kellerraum war danach einiges rauer und durchgeknallter als die bisherigen Darbietungen. Gut so, denn das Duo steht nicht nur für künstlerische Intensität im Punk, sondern auch das Ausloten der Schlagzeug- und Bassexperimente. Da soll noch einer behaupten, Künstlerinnen gäben sich mit dem Schönklang zufrieden – nein, hier wurde mit „Pique Dame“ geschrien, gekratzt und gelärmt.
Und um die Tanzbären zufriedenzustellen, eroberte anschliessend Pylone den Raum mit seinen Tracks zwischen Electronica, Techno und IDM. Das brachte die Stimmung vollends auf Feiertemperatur und zeigte der Woche, dass nun die ausgelassenen Tage folgen. Tanzen, trinken, Spass haben. Auch mit Moritz Gourmet, der sich als Abschluss von Song zu Song mischte und den Abschied noch etwas wehmütiger gestaltete. Doch wunderbar zu wissen, dass Zofingen und Olten auch miteinander Anlässe auf die Beine stellen können – und das solch tolle Leute hinter all diesen Orten und Möglichkeiten stehen. Auf eine rasche Wiederholung!
Text: Michael Bohli