25. September 2011
Plaza – Zürich
Bands: Coroner / Hathors
Die Paradiesvögel schauen verheissungsvoll auf die eher kleine, mit Instrumenten beladene Bühne des Zürcher Plaza Clubs. Die Winterthurer Band Hathors stimmten das Konzertpublikum donnernd und würdig auf die Hauptband Coroner ein.
Die drei Musiker füllten den knappen Raum mit kompromissloser Energie. Von Stonerrock bis Thrash-Metal und progressivem Rock verarbeiten Hathors diverse musikalische Einflüsse zu energiegeladenen Songs. Dass die gesangliche Leistung nicht immer zu überzeugen vermochte, tat der Eindringlichkeit der Songs keinen Abbruch. Hathors sind definitiv eine Band, von der wir noch viel mehr hören wollen.
Ein schwarzes Backdrop mit silbrig glitzernden Buchstaben wird hinter dem Schlagzeug emporgezogen: Coroner. Die Menge wird unruhig. Der Gitarrenroadie sagt die Band an. Das Licht geht aus und während die Musiker auf die Bühne treten, sind aus dem Publikum ihre Namen zu hören. Der Raum bebt vor Spannung und Erregung. Mussten die meisten Fans doch geschlagene 16 Jahre auf dieses Konzert warten, für viele war es gar das langersehnte erste Mal.
„I will crush my skull, when I feel like doing it“, schreit Sänger und Bassist Ron Broder monoton ins Mikrofon. Spätestens bei „Internal Conflicts“ (Grin), dem zweiten Song des Gigs, bekommt das Publikum worauf es gewartet hat. Ein Metal-Gewitter sondergleichen. Die Stimmung ist prächtig. Nicht zu ausgelassen, da die meisten neben der Freude auf die Musik konzentriert sind.
Marky Edelmann malträtiert sein Schlagzeug und der Gitarrenvirtuose Tommy Vetterli lässt sein Instrument mal kreischen und schreien, mal säuseln und singen. Man bekommt den Eindruck, die drei Jungs seien musikalisch besser denn je. Dies, obwohl Ron Broder nachgesagt wird, er hätte seinen Bass fünfzehn Jahre lang nicht mehr angerührt. Davon ist ob seinem präzisen Spiel reichlich wenig zu spüren.
Tommy Vetterli beweist an diesem Abend, warum er zu den beeindruckensten Rock-Gitarristen unserer Zeit zählt. Es ist vorallem die Art und Weise, wie er die einzelnen Töne spielt. Es läuft einem kalt den Rücken hinunter, wenn er zu einem Solo ausholt. Seine Gitarre singt und fliegt durch den Raum. Die vielen Gitarrensoli wirken kaum je aufdringlich. Immer sind sie sinnvoll in den musikalischen Kontext integriert. Dabei tappt und sweept Vetterli mit einer Leichtigkeit, als gäbe es nichts Einfacheres auf dieser Welt.
Für die atmosphärischen Sounds, die bei gewissen Coroner-Songs eine zentrale Rolle spielen, ist live ein viertes Bandmitglied auf der Bühne. Daniel Stössel sitzt am Keyboard und spielt mit Samples und Sounds. Gekonnt untermalt er die Songs, die von den anderen Jungs aus den Instrumenten gekitzelt werden, ohne jemals eine zentrale Rolle zu spielen. Die Bühnenshow ist spartanisch. Eine einfache Lichtshow und die Posen der Musiker müssen reichen. Und ja, man braucht nicht mehr, um glücklich zu sein.
Nach dem D.A.F. Cover „Der Mussolini“, welches vom Gitarrenroadie zum Besten gegeben wird, gipfelt der Gig fulminant im letzten Song des Sets: Grin. Der Titeltrack des gleichnamigen Albums, welches die bisher letzte und wohl beste Coroner-Studioplatte ist. Mit dem Jimi Hendrix-Cover „Purple Haze“ (Punishment For Decadence) und „Reborn Through Hate“ (R.i.p.) setzt die Band schweisstreibende Schlusspunkt und überlässt das Publikum dem fortgeschrittenen Sonntagabend.
Bei jeder Reunion wird nach einer neuen Platte geschrien. Doch neue Songs seien bis jetzt nicht geplant. Noch nicht. Und wer weiss, vielleicht ist es besser so. Denn die Gefahr, die eigene Legende zu zerstören, ist nicht unerheblich, wie Coroner selber in einem Interview im Tagesanzeiger sagten.
Text: Nicole Göbel
Bilder: Kathrin Hirzel