21. April 2021
Kino Excelsior – Brugg
Website: brugggore.ch
Das Mittelland: Zersiedelung der Landschaft, graue Autobahnstrecken, dröge Industrie – für viele Schweizer*innen stellt die Region an und für sich den hiesigen Horror dar. Um von den Äusserlichkeiten abzulenken, darf man sich diesen April in Brugg (AG) zum ersten Mal an das Brugggore Horror Movie Festival begeben. Drei Tage voller Schrecken, Blut und Absurditäten. Fragt sich nur, ob man den Gang durch das Architekturmonstrum Neumarkt wagt, um sicher und voller Vorfreude beim Kino Excelsior anzukommen.
Wir durften uns vorab zwei Filme zu Gemüte führen, welche das Spektrum des Festivals nicht nur gut aufzeigen, sondern trotz ausverkaufter Veranstaltung einen Einblick in das Wochenende bieten. Die 50 verfügbaren Festivalpässe waren schnell weg, die Lust nach Kino und gemeinsamen Schrecken gross. Und erlösend, denn lange war unklar, ob die Veranstaltung überhaupt durchgeführt werden kann. Mehr dazu könnt ihr in unserem Interview mit Festivalleiter Michel Frutig nachlesen.
Das komplette Programm und alle Infos zu den Filmen findet ihr hier.
Fried Barry
Regie: Ryan Kruger
Musik: Haezer
Land, Jahr: Südafrika, 2020
Website: imdb.com
Barry ist ein drogenverseuchter, missbräuchlicher Mistkerl, der durch einen blöden Zufall von Aliens entführt wird. Gesteuert von einem ausserirdischen Lebewesen zieht sein Körper durch die Strassen von Cape Town und erlebt nächtliche Stunden voller Sex, Drogen und Gewalt. Ein Postkartenmotiv der Menschheit halt.
Was als Kurzfilm begann, durfte von Regisseur Ryan Kruger zu einem Langfilm ausgebaut wurden – ohne an verrückten Elementen einzusparen zu müssen. Fried Barry ist eine pulsierende Erfahrung voller schmutziger Szenen, lautem Synthie-Soundtrack und bunten Farben. Das schreit nach «Style Over Substance» und punktet nicht nur mit Hauptdarsteller Gary Green, sondern dem unverbrauchten Setting Südafrikas.
Während gewisse Momente (OP-Szene, Drogenrausch im Nachtclub) wild und aufwühlend daherkommen, nutzt sich das eigentliche Thema leider zu schnell ab, der Film verliert an Druck. Was stellenweise an „The Greasy Strangler“ erinnert, muss ohne Sarkasmus oder treffende Gesellschaftskritik auskommen, sondern verpufft in infantilen Darstellungen. Vor allem die Sexwitze erinnern an Happy Madison Productions, das erwünschte Feuerwerk bleibt leider aus. Kurios ist der Film trotzdem.
Cyst
Regie: Tyler Russell
Musik: Sam Lipman
Land, Jahr: USA, 2020
Website: imdb.com
Wäre der Film doch bloss in schwarzweissen Bildern gedreht worden, das hätte die Hommage an alte Monster-Klassiker wie „The Blob“ noch heimeliger gemacht. Denn ja, Cyst ist mehr Spass und Reminiszenz als Horror. Das schmälert das Erlebnis keinesfalls, ist die Geschichte um Dr. Guy und seine Zysten-Entfernungsmaschine herrlich doof. Eine misslungene Demonstration für das Patentamt und schon entsteht ein überlebensgrosses Monster, das sich genüsslich durch die Praxis schlachtet.
Getragen von Eva Habermann, nimmt sich die kurz gehaltene Produktion zu keiner Sekunde ernst und wirkt immer sympathisch. Mehr Snack für Zwischendurch als nachhaltige Portion, für eine tiefere Auseinandersetzung ist das Drehbuch leider zu wenig clever und die Story zu dünn. Dafür gibt es eine Wiedervereinigung der Schauspieler George Hardy und Darren Ewing, welche man aus dem grossartigen Meisterwerk „Troll 2“ kennt.
Allgemein werden diverse Charakterköpfe auf der Leinwand gezeigt und für Kenner des filmischen Untergrunds einige Überraschungen geboten. Wie etwa der Auftritt von Greg Sestero, den man nach „The Room“ wohl nie so kompetent erwartet hätte. Also: Hinein in das Retrovergnügen, I insist!
Habt ihr nun Bock nach Blut, Gore, Eckel und Herzklopfen? Dann freut euch bereits jetzt auf die zweite Ausgabe des Brugggore, welche im April 2022 stattfinden wird. Falls wir dann noch am Leben sind. Muahaha!
Text: Michael Bohli