17. März – 26. August 2018
Schaulager – Basel
Website: schaulager.org
Du stehst in einem Raum, in dem nur eine alte Glühbirne hängt, die die scheinbar immer näher rückenden Wände knapp erhellt, begleitet von einer angsteinflössenden Stimme, welche dich wieder nach draussen schickt. Du erblickst einen monumentalen Kreis, der vor dir in der Luft schwebt und den gesamten Raum einnimmt, erhaben und undurchschaubar. Du schreitest durch Räume, in denen nicht nur Geschichte sichtbar gemacht wurde, sondern auch Experimente wieder durchlebt werden können, welche die Kunstwelt für immer verändert haben. Willkommen an der grossen und umfassenden Retrospektive „Disappearing Acts“ im Schaulager Basel, welche den amerikanischen Künstler Bruce Nauman endlich gebührend feiert.
Das Leben und Werk von Bruce Nauman ist riesig und steht bis heute wohl ungeschlagen an der Spitze der kontemporären Kunst. Von wegweisenden Videoarbeiten bis zu hell strahlenden Neonskulpturen oder Körperabbildungen kann man im Schaulager nun endlich alle Stationen des Meisters noch einmal durchleben. Eine Gelegenheit, die man so seit 25 Jahren nicht mehr hatte und noch bis Ende August vorhanden ist – Ausreden gibt es also keine. Wobei man auch keine Angst haben muss, denn Naumans Objekte, Bilder und Filme sind bis heute aktuell und fassbar geblieben.
Sicherlich ist nicht jedes Objekt gleich zugänglich, aber die Ästhetik und die Ausdrucksformen begegnen dem Besucher in Basel auf fordernde und belohnende Weise. Ob man nun bei „Green Horses“ mitreitet und die Welt auf dem Kopf betrachtet, oder bei der Zeichnung „Myself as a Marble Fountain“ die Möglichkeiten des Menschen neu kennenlernt, beeindruckend ist das Schaffen immer. Auch, weil die einzelnen Exponate nicht nur genügend Platz im Museum erhalten haben, sondern durch Katalog, Begleitheft und Audio-Guide aus unterschiedlichen Winkeln erforscht werden können.
Die Ausstellung, welche das Schaulager Basel zusammen mit der Laurenz-Stiftung und dem Musem of Modern Art (MoMA) zusammengestellt hat, ist aber nie durchleuchtend oder besitzergreifend. Vielmehr werden die Wahrnehmungswirkung und die Suche nach den erlösenden Fragen angedeutet, aber nie beendet. Was sich wunderbar im Schaffen von Bruce Nauman widerspiegelt – so hatte der Amerikaner nie Lust, den Leuten die vorgefertigte Wahrheit zu präsentieren, sondern suchte in seinen Arbeiten immer wieder die Unter- und Hintergründe der Momente. Geschickt mit Wiederholungen und aufgegriffenen Motiven über die Jahrzehnte zu einem gewissen Kreislauf aufgebaut, lässt sich auch heute noch viel Eindrückliches aus diesen Kreationen herauslesen.
„Make Me Think Me“ steht auf einem grossen Papier geschrieben und trifft die Synapsen so zielgenau wie auch „Disappearing Acts“ in seiner Gesamtheit: Diese Kunst ist der perfekte Dialog zwischen Person und Welt, zwischen Besucher und Künstler. Bruce Nauman hat es geschafft, die Faszination unseres Daseins in alle möglichen Formen umzugiessen und damit ein Vermächtnis zu schaffen, das in der Kunstwelt und der heutigen Zeit mit nichts anderem verglichen werden kann.
„Bruce Nauman: Disappearing Acts“ ist noch bis am 26. August 2018 im Schaulager in Münchenstein / Basel offen und darf nicht verpasst werden.
Text: Michael Bohli