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Robert Plant presents Saving Grace feat. Suzi Dian + Marty Stuart & His Fabulous Superlatives
Event Halle – Basel
Freitag, 25. Oktober 2024
Text: Torsten Sarfert / Bilder: Anna Wirz
„Legendary“ war das Motto am Freitagabend an der Baloise Session und es wurde geliefert. Am Legendenstatus von ex-Led Zeppelin Sänger Robert Plant gibt es wohl nichts zu rütteln und dessen Kumpel Marty Stuart konnte den seinigen im Verlauf des Abends eindrucksvoll dokumentieren. Doch der Reihe nach.
Es schwebte eine gewisse unterschwellige Aufregung durch die Event Halle der Messe Basel. Immerhin war eine der grössten Ikonen der Rockgeschichte in town: Robert Plant. Die vielen Led Zeppelin T-Shirts an den etwas in die Jahre gekommenen Fans machten diese Aufregung sicht- und fast greifbar; letztere mussten sich aber noch etwas gedulden, denn zunächst musste – oder besser durfte – man an der amerikanischen Country-Ikone Marty Stuart & His Fabulous Superlatives vorbei. Stilsicher gewandet in verspielten Nudie-Suits, brannte das Quartett aus dem Country-Mekka Nashville, Tennessee, kurzerhand ein Americana-Feuerwerk der Extraklasse ab. Die mitreissende Mischung aus Rockabilly, Tex-Mex angehauchtem Surf-Sound, Bluegrass und mehrstimmig gesungenen, akustischen Gospelweisen muss den ehrwürdigen Herren erstmal jemand nachmachen. So rieben sich die mehrheitlich für Robert Plant gekommenen Fans spätestens bei Stuarts schwindelerregender Soloeinlage an der Mandoline ungläubig die Augen und Ohren. Dass dieser Mann einzigartiges Talent besitzt, fiel übrigens schon vor geraumer Zeit auch anderen auf: Bluegrass-Legende Lester Flatts nahm Marty im Alter von 13 Jahren in seine Band auf und nur ein paar Jahre später spielte dieser dann an der Seite seines Schwiegervaters, keinem geringeren als dem „Man In Black“, Johnny Cash.
Stuart, der langjährige Präsident der Country Music Foundation, liess seinen Fabulous Superlatives in Basel viel Raum für deren superlative Qualitäten, sei es an den Lead-Vocals oder den individuellen Instrumenten. Ein Jammer, dass diese hochklassigen Musiker offenbar dem landläufigen „Country-Stigma“ unterliegen und deswegen nur äusserst selten auf hiesigen Bühnen anzutreffen sind. Jedenfalls konnte sich das Basler Publikum an diesem Abend davon überzeugen, dass es wohl kaum Besseres gibt, wenn man sich nur ein bisschen für amerikanische Roots-Musik begeistern kann.
Dieser Meinung ist offensichtlich auch Robert Plant, auf dessen Wunsch dieser Auftritt erst zustande kam. Warum, konnte man in den folgenden knapp 80 Minuten seines Auftritts nachverfolgen, denn auch Plant ist ein glühender Verehrer der Musik des amerikanischen Südens. So formte er mit gleichgesinnten Musiker:innen aus seiner englischen Nachbarschaft die Band Saving Grace featuring Robert Plant & Suzi Dian.
Mit diesen präsentierte er einen schon fast kammermusikalisch anmutenden, semiakustischen Abend, gefüllt mit Songinterpretationen unter anderem von Neil Young, Levon Helm, Los Lobos und natürlich Led Zeppelin. Allesamt in folkifizierten Versionen, mit virtuos gespielten, teilweise unidentifizierbaren Saiteninstrumenten und der sensationellen Sängerin Suzi Dian an seiner Seite. Doppelt sinnvoll, denn bei den höchsten Tönen konnte die Hardrock-Legende mittlerweile doch etwas Unterstützung brauchen. Ausserdem entpuppte sich dann ohnehin die Gillian Welch Nummer „Orphan Girl“ als das ergreifendste Stück des Abends, mit dem Suzi Dian kollektive Gänsehaut durch den Saal transportierte. Offensichtlich brach dies Mentor Robert aber keinen Zacken aus seinem Ritterorden, im Gegenteil bekam man eher das Gefühl, es ginge ihm um angewandte Nachwuchsförderung und das Weitergeben der musikalischen Fackel. Zwischen den einzelnen Songs unterhielt die charmante Legende mit Anekdoten und Hintergrundinformationen, hielt sich aber sonst schon fast dezent im Hintergrund.
Wer hier auf die testosterongeschwängerte Energie vergangener Tage wartete, wurde enttäuscht. Wer sich jedoch auf eine unterhaltsame, musikalische Lehrstunde der Wurzeln (amerikanischer) Rock & Popmusik einlassen konnte, wurde reich belohnt. Als Coda gab es den musikalischen Aha-Effekt im von Lead Belly bekannt gemachten und auch von Led Zeppelin gecoverten Traditional ‚Gallows Pole‘ – angereichert durch ein augenzwinkerndes Zitat Plants aus dem Zeppelin-Klassiker ‚Black Dog‘ . Es klang wie aus einem Guss. Quod erat demonstrandum.
Baloise Session 2024 – St. Vincent und Gary Clark Jr.