22. Februar 2020
Hallenstadion – Zürich
Band: The Australian Pink Floyd Show
Es ist ein Nachhallen in der grossen Unendlichkeit, in der zermürbenden Banalität des einzelnen Lebens – und bietet für einen kurzen Moment einen, wenn auch nur trügerischen Anknüpfungspunkt. Einzelschicksalen kann dies ausreichen, um das Dasein in scheinbarer Bequemlichkeit aufrechtzuerhalten, was die wohl grösste Legitimation eines solchen Anlasses darstellt. Warum sonst sollte man sich hingebungsvoll Kopisten widmen, die sich ihr kreatives Leben der unausweichlichen Wiederholung gewidmet haben?
The Australian Pink Floyd Show ist ein solches Prozedere, seit über 30 Jahren aktiv und weltweit ein Grund dafür, dass sich Träumer und sehnsüchtige Nostalgisten ausnahmsweise wieder in eine Arena, in ein Stadion begeben, um dort Rockmusik live zu erleben. In Zürich schaute man in solche Gesichter, ein Publikum von Durchmischung, eine Trennung zwischen Eltern und Nachkömmlinge, verbunden durch die Melodien und Harmonien von Pink Floyd. Der psychedelische Art-Rock der Engländer scheint unsterblich zu sein, zumindest in dieser kurzen Phase unserer Wahrnehmung.
Niemals auflösend fühlten sich diverse Passagen an, von Ricky Howard perfekt abgelieferte Bassläufe der Marke Waters, von Chris Barnes punktgenau getroffene Silben im Gesang, von Jason Sawford flächig gespielte Keyboards. Geschlossene Augen liessen die damaligen Recken an den Instrumenten auferstehen, The Australian Pink Floyd Show zeigte gemäss ihrem Ruf im Hallenstadion eine Präzision und Perfektion in der Kopie, dass eine vorherrschende Stellung verdient war.
2020 mit einem neuen Tourprogramm erdacht, liess man sich für einen Abend auf eine Zeitreise ein, die nicht chronologisch, aber dicht die Zeiten zwischen „Ummagumma“ und „The Division Bell“ neu belichtete. Sorgfältig bis ins letzte Quantum als Kopie erbaut, mit grossen Fähigkeiten und einer dienlichen Show – was zugleich Sterilität und emotionale Leere bedeutete. Wer sich den Überraschungen komplett verwehrt, was The Australian Pink Floyd Show mit ihrem aktuellen Programm getan haben, der entlarvt die eigene Eindeutigkeit.
„Time“, „Run Like Hell“, „Shine On You Crazy Diamond (Parts I-V)“ oder „Another Brick in the Wall Part 2“ – die Zeiten, in denen eine solche Setlist für aufwühlende Gefühle gesorgt hatte, die sind bei mir leider vergangen. Wo blieben die Wagnisse, wo die Abgründe? „Sheep“ und „Keep Talking“ sorgten für eine frische Brise, vieles wurde allerdings gänzlich unterschlagen. Schnell fand man sich in einer Darbietung von „Pulse“ wieder, verspürte zwar ein Kribbeln unter der Haut, fand diese Entladungen bereits auf dem Nachhauseweg nicht mehr.
Erfunden muss bei The Australian Pink Floyd Show nichts werden, diese Formation von „Down Under“ hat sich einem anderen Ziel verschrieben – trotzdem wirkte die Begegnung am Samstagabend zu statisch. Weder die Bandmitglieder noch das angereiste Publikum wollte eine Maske durchbrechen, eine Annäherung wagen. Man stand sich in Wertschätzung gegenüber, in gemeinsamer Hochachtung vor dem Floydschen Werk, befürchtete aber Risse in der eventuell verklärten Erinnerung. Was einem schlussendlich auch nur zum weiteren Stein in der Mauer machte, als Konsument berieselt von der Show und der Gewohnheit. Eine Wärme, die aufgeblasene Lehrer, böse Schweine und rasant wechselnde Motive voller Symbolik nicht verdrängen konnten.
Text: Michael Bohli
Bilder: Kathrin Hirzel