1. Oktober 2013
Kiff – Aarau
Bands: Audrey Horne / Karma To Burn / Gold
Es ist manchmal schon seltsam, was für sonderbare Typen man an Konzerten antrifft. Alkoholleichen und THC-geschwängerte Fans sind längst kein Grund mehr, um aufmerksam zu werden. Was allerdings jemanden dazu bewegt ein JoJo mitzunehmen und während eines Rockkonzertes damit zu spielen ist mir nach wie vor ein Rätsel. So gesehen am 1. Oktober in Aarau im Kiff, wo eine Dreifach-Delegation aus Holland, USA und Norwegen dem Schweizer Publikum zeigen wollte, was es heisst, abzurocken.
Gold
Die fünfköpfigen Opener aus den Niederlanden waren die ersten am Start und machten schon mit den ersten Takten klar, dass Gehörschutz zwingend nötig war. Es ist mir immer noch unergründlich, weshalb etliche Sound-Engineer laute Musik mit guter Musik gleichsetzen. Gold mit Frontfrau Milena Eva erfüllten somit schon erst genanntes. Zweit genanntes ist natürlich Geschmacksache und schlecht war das nicht, was die Holländer ablieferten.
Als Sängerin Milena Eva die Bühne betrat, wurde ich unweigerlich an Lena Meyer-Landrut erinnert, denn die beiden sehen sich verblüffend ähnlich. Nett anzusehen ist die Frontfrau von Gold allemal, aber die Rock-Göre nehme ich ihr trotzdem nicht ab. Zu statisch stand sie vor dem Mikrofon und wenn sie sich bewegte, so passte es mehr zu Schlager als zu Rockmusik. Sicherlich sind ihre gesanglichen Fähigkeiten nicht schlecht, aber irgendwie hat das Gesamtbild einfach nicht gepasst. Zu damenhaft erschien die Vocalistin im Vergleich zu ihren eher dem Rock angesiedelten Mitmusikern.
Rock hin oder her – wie ihre Sängerin – waren auch die Instrumentalisten guter Durchschnitt aber nicht mehr. Alle spielten eigentlich grundsolide und verzichteten auf irgendwelchen Firlefanz, was den Auftrittsverlauf von Gold auch ein wenig vorhersehbar machte. Gitarrensolis waren zwar latent vorhanden, aber man hätte sie eigentlich auch weglassen können. Irgendwie hatte ich am Auftrittsende das Gefühl, dass die Band ebenso erleichtert war, wie das Publikum, als sie die Bühne verlassen konnten.
Karma To Burn
Konnte man sich bei der ersten Band noch locker zwischen Bühnenrand und Publikum hin und her bewegen, so wurde es schon ein wenig enger als Karma To Burn die Bühne betraten. Und siehe da, Jojo-Man war auch wieder ganz vorne dabei und spielte frisch fröhlich weiter mit seinem Jojo. Die Frage nach dem „Warum“ konnte bis dahin nicht beantwortet werden.
Marshall an und auf „eleven“ stellen, Les Paul einstöpseln und abdrücken. Genau das scheint das Erfolgsrezept von Karma To Burn zu sein. Dass drei Leute ohne irgendwelche Samples und andere elektronischen Hilfen so viel Power (und auch Lärm) machen können, ist schon sehr beachtlich. Aber genau bei nur drei Leuten ist das Timing ein entscheidender Faktor und das klappte leider nicht immer. Schwachpunkt war ganz klar der Bassist, bei dem ich mir nicht immer sicher war, ob er denselben Song wie die anderen spielte. Entsprechend matschig klang es dann auch aus dem inzwischen ein wenig leiser gestellten PA.
Dazu kommt noch, dass bei einer rein instrumentalen Darbietung, Hauptaugenmerk auf den Instrumenten lastet und da werden musikalische Defizite schnell offensichtlich. Den Fans schien es dennoch gut zu gefallen, denn im Gegensatz zu Gold war bei Karma To Burn wesentlich mehr Bewegung im Publikum (Headbanging inklusive). Dennoch meine ich sagen zu dürfen, dass gesamtheitlich mehr drin gelegen hätte und ich weiss nicht, ob die Band wirklich zufrieden von der Bühne ging.
Audrey Horne
Die Normannen aus Bergen (NOR) konnten Dank ihres letzten Albums „Youngblood“ tüchtig abräumen und so wurde es in fünf namhaften europäischen Magazinen als bestes Album des Monats gekürt. In der Tat nicht unberechtigt, denn „Youngblood“ verdient wirklich das Prädikat sehr gut. Wer Audrey Horne mit Frontmann Torkjell „Toschie“ Rød schon einmal live gesehen hat, weiss auch, was die Jungs auf der Bühne zu leisten vermögen. Da wird nicht wie am Boden angetuckert still gestanden oder hypnotisierend auf das Griffbrett geglotzt. Da wird einfach Hard Rock gespielt, was das Zeug hält und das in einer Qualität, die sich hören wie auch sehen lässt.
Die beiden Gitarristen Arve Isdal „Ice Dale“ und Thomas Tofthagen wechselten sich bei den Lead Gitarren-Parts ab und etliche male spielten sie zweistimmige Solos. Bassist Espen Lien zeigte wie auch schon am Gränicher Open Air was es heisst, gehörig Druck zu machen. Mit anderen Worten sind Audrey Horne durch und durch Profis, die aber nicht nur mit dem Beherrschen der Instrumente glänzen sondern auch mit der Fähigkeit, die Begeisterung auf der Bühne auf das Publikum zu übertragen. Entertainment heisst das Zauberwort und Audrey Horne schliessen dieses Fach mit Bestnoten ab. So war es dann auch kein Wunder, dass Sänger Toschie immer wieder ins Publikum ging und von dort aus sang.
Wo war eigentlich der Mann mit dem Jojo? Tja, der hatte vor der Bühne plötzlich keinen Platz mehr für sein fragwürdiges und inzwischen auch nerviges Treiben und verdrückte sich offensichtlich in Bereiche, wo weniger los war, denn vor der Bühne ging es einfach zu sehr ab. Einstöpseln und abdrücken trifft auch bei Audrey Horne zu und dennoch war ein wesentlicher Unterschied zu den beiden Vorgänger-Bands zu erkennen, ohne deren Leistung schmälern zu wollen. Die Norweger überzeugten einfach auf der ganzen Linie, verteilten ab und zu ein Bier im Publikum, sprachen die Fans an, interagierten mit ihnen und pushten sie gehörig auf.
Zu guter Letzt verfrachtete man kurzerhand die Mikrofonständer von der Bühne weg und die ganze Band (Drummer Kjetil Greve ausgenommen) stand plötzlich im begeisterten Publikum spielten den letzten Song inmitten jubelnder Fans. Das klassische Konzertende fand dann auch nicht auf der Bühne sondern vor der Bühne im Publikum statt, was den ohnehin sympathischen Norwegern zusätzliche Pluspunkte verschaffte. Und was ist mit Jojo passiert? Der ging irgendwann von dannen. Hätte er allerdings noch ein wenig gewartet, so hätte er die ganze Band am Merchandising Stand antreffen können, wo sie ausgesprochen zufrieden mit allen Anwesenden plauderten.
Setlist Audrey Horne:
01. Redemption Blues
02. Bridges And Anchors
03. Youngblood
04. Show And Tell
05. Cards With The Devil
06. Pretty Little Sunshine
07. There Goes A Lady
08. The King Is Dead
09. This Ends Here
10. Firehose
11. Threshold
12. Blaze of Ashes
13. Straight Into Your Grave
[Quelle: Bühnen-Setlist]
Text: Daniel Baratte
Bilder: Nicole Imhof