6. August 2017
Mascotte – Zürich
Bands: The Afghan Whigs / Ed Harcourt
Es war nicht nur der Nähe zu der Bühne zu verschulden, dass man die Musik mit dem gesamten Körper spüren konnte – der Auftritt der legendären Alternative Rock-Truppe aus Amerika war von der ersten bis zur letzten Sekunde eine extreme Wucht. Kein Wunder, standen The Afghan Whigs teilweise mit gleich fünf Gitarren auf einmal im Scheinwerferlicht des Mascotte Clubs in Zürich und drehten die Lautstärke voll auf. Die Songs der Band müssen durch Mark und Bein gehen, ihre elegante aber düstere Mischung aus Rock, Grunge und Blues verlangt danach. Im Gegenzug waren die Besucher des Auftrittes am Sonntagabend bereit, voller Inbrust mitzumachen.
Schon beim Konzertbeginn mit neuen Klangperlen des aktuellen Albums „In Spades“ sah man glückliche Gesichter, wogende Körper und hörte laute Jubelschreie. Dies brachte die Band nicht davon ab, gleich einen langen Songreigen ohne Pause auf die Leute loszulassen – Luft holen ist für Anfänger. „Arabian Heights“ übernahm von „Birdlands“, welches Frontmann Greg Dulli noch alleine präsentierte – danach wurde aber aus allen Instrumenten gnadenlos gefeuert. Geschickt verwoben The Afghan Whigs Neues und bekannte Hits, „Let Me Lie to You“ sorgte für erste Freudentränen, gegen Ende des Abends brachten Songs wie „John the Baptist“ auch die letzten Zögerer nahe an den euphorischen Zusammenbruch.
Aber genau diese emotionale Tiefe und das bedrückende Gefühl haben die Musik von The Afghan Whigs schon immer so unwiderstehlich gemacht. Als sich die Band 2001 auflöste, war das ein Grund zur Trauer, die Rückkehr geriet 2012 umso fulminanter. Dies zeigte sich auch wieder in Zürich – die Band ist heute noch eine grosse Kraft, welche sich nicht stoppen lässt. Dass nun vor wenigen Wochen Gitarrist Dave Rosser an Krebs verstorben ist, ist sehr traurig – doch die Reise geht weiter. Mit kräftiger Unterstützung von Ed Harcourt wurde dem Musiker nicht nur gedacht, sondern der schwarz gekleidete Rock auch erneut ein wenig transformiert.
Passenderweise fielen während des Konzertes immer wieder einzelne Goldkonfetti einer vergangenen Party auf die Musiker – Erhabenheit, wo sie hingehört. Dies zeigte sich schon beim Support von Ed Harcourt, der alleine auf der Bühne mit Gitarre, Trommeln, Klavier und Loop-Geräte intensive Lieder aufbaute. Ein vielseitiges Talent, geerdet und extrem sympathisch. Seine Musik landete irgendwo zwischen düsterer Bar, Crooner und herzzerreissenden Gitarren – und eröffnete einen Abend voller ehrlicher und berührender Musik.
Text: Michael Bohli