Name: Michael Messerli
Tätigkeit bei ARTNOIR: Redakteur
Dabei seit: Mai 2018
„So this is the new year / And I don’t feel any different“. Mit jedem Geburtstag und jedem Jahreswechsel akzentuiert sich dieses Gefühl mehr, von dem Death Cab For Cutie bereits 2003 sangen. Im 2020 waren es Sløtface, die mit „New Year, New Me“ ebenfalls konstatierten: „It’s just me“. Das war aber noch bevor der ganze Wahnsinn losbrach. Wirklich ganz kurz davor besuchte Thees Uhlmann Zürich und erklärte uns, dass die Stadt eine Fachstelle für Graffiti hat. Als Ezekiel Emanuel im April 2020 davon sprach, dass u.a. grössere Konzerte und Festivals bis weit ins 2021 nicht möglich sein werden, rieb man sich verwundert die Augen. Es stellte sich heraus, dass er Recht haben sollte.
Die Musikszene steht nicht erst seit Corona vor neuen Herausforderungen: Streaming und Klimawandel setzen ihr zu. Die Art, wie wir Musik konsumieren, hat sich verändert. Konzerte sind noch wichtiger und wurden 2020 ebenfalls ins Digitale verlegt. Wenigstens musste man nicht mehr um die halbe Welt fliegen, wenn man Courtney Barnett für wenig Geld live in ihrer Heimatstadt Melbourne sehen wollte. „From Where I’m Standing„, hiess das im Dezember. Und selber sitzt man auf der Couch, trinkt immerhin gutes Bier und fragt sich, ob das jetzt reicht. Finanziell reicht das für die Künstler*innen natürlich nicht. Und Youtube ist gratis. Man kann seine Lieblingsbands aber auch anders unterstützen: In erster Line damit, ihre Musik zu kaufen. Auch in der Musikszene zeigt sich also, was in vielen anderen Bereichen zu beobachten ist: Corona schafft selten neue Probleme, es verschärft vielmehr die bestehenden.
Das Musikjahr 2020 hingegen war, abgesehen von den fehlenden Konzerten, grossartig. Dabei wäre besonders in den irischen Clubs die Hölle losgewesen, hätte das Fegefeuer nicht schon in Form von Bränden oder einer Pandemie gewütet: Fontaines D.C. erobern gerade die Musikwelt, Bitch Falcon und Pillow Queens immerhin schon mal die Herzen. Und mit Herz muss es schliesslich auch weitergehen. Ich hatte im April für meine Arbeitskolleg*innen einen kleinen Soundtrack zusammengestellt. Ich nannte ihn den Corona-Home-(mit-Ausnahmen)-Office-Soundtrack, kurz „CHAOS“. Da habe ich das Album „All Of A Sudden I Miss Everyone“ von Explosions In The Sky wiederentdeckt. Das passte (leider) wie die Faust aufs Auge: „Catastrophe And The Cure“? Wir werden sehen.