Name: Michael Bohli
Tätigkeit bei ARTNOIR: Redakteur
Dabei seit: August 2015
Das Jahr 2019 hatte es in sich, die Zehnerjahre wurden mit lauten Klängen und vielen Emotionen abgeschlossen. Natürlich nicht nur in der Musik, sondern weltweit, national, sozial. Im Sommer wurde mit dem unglaublich beeindruckenden Frauenstreik ein wichtiges Zeichen gesetzt, das glücklicherweise Auswirkungen in die nationalen Wahlen hatte. Das Parlament wurde weiblicher, grüner, weniger radikal. Da bleibt nur zu hoffen, dass diese Wellen noch lange weiterschlagen werden, auch ausserhalb der Landesgrenzen.
In der Musik waren die Themen der Gleichberechtigung, der Solidarität und der feministischen Stärkung dank Organisationen wie Helvetiarockt und Künstlerinnen wie Anna Aaron, Camilla Sparksss, Jessiquoi und Emilie Zoé in der Schweiz so präsent wie noch nie. Das macht Freude, das macht Mut, das lässt auf eine positive Zukunft hoffen. Und natürlich soll ARTNOIR für alle Musikerinnen weiterhin eine Plattform sein.
Mich auf bestimmte Gebiete oder Genres festzulegen, war 2019 mehr als unmöglich. Ob in den handgemachten und sanften, in den digitalen und wuchtigen, oder gleich den brutalen und dreckigen Stilrichtungen, überall fand man Perlen, waghalsige Platten, überraschende Songs. Da belebte Beabadoobee den Alternative Rock unwiderstehlich frisch, Noga Erez sprengte erneut die Grenzen, Gemma Ray liess den intimen Indie-Rock glitzern. Nicht nur die Bündner staunten über Mr. Linus, Bern bereitete sich auf die erste Scheibe von willibald vor, Evolutionen gab es von Linda Vogel und Kety Fusco an der Harfe. Und gleich global, mehrsprachig und direkt der Pop von Gina Été.
Und natürlich fehlen hier Namen wie INEZ, Holly Herndon, Cégiu, Kedr Livanskiy, Hatchie, Bleached, Mia Morgan, Julia Heart, Ilgen-Nur, Jenny Hval, Bat For Lashes, Chelsea Wolfe, Rosa Anschütz, Lakiko, Sun Cousto, REA, Manon oder Kim Gordon. Aber meine Worte zu diesen kreativen Persönlichkeiten findet ihr ja bei uns auf der Seite.
Um all diese Veröffentlichungen bewältigen zu können, liess ich mich in den letzten Monaten weniger oft zu einem Konzertbesuch verführen. Musik und Bands live zu erleben, das ist weiterhin ein sehr wichtiger Punkt in meinem Leben – trotzdem stellte sich eine gewisse Sättigung ein. Seltener als früher wurde ich wirklich überrascht, oftmals berührten mich die Darbietungen zu wenig. Was allerdings Jammern auf sehr hohem Niveau bedeutet, ihr werdet mich weiterhin unterwegs antreffen. Weniger bei den grossen und kommerziellen Events, mehr in den kleinen Räumen, bei den frischen Ideen.
Dafür war die Immersion in die gestalterische Kunst so stark wie noch nie, Museums- und Ausstellungsbesuche liessen mich staunen, meine Gedanken Purzelbäume schlagen. Wie faszinierend vielfältig der Mensch in seinem Ausdruck sein kann, wie berührend Werke sein können – immer wieder atemberaubend. Was schlussendlich dazu geführt hat, dass ich meine kreativen Tätigkeiten in weitere Disziplinen nebst dem Schreiben auszuweiten versucht habe. Doch dazu mehr zu gegebener Zeit.
Auf keinen Fall sollte bei diesem Rückblick ein weiteres Highlight des vergangenen Jahres unterschlagen werden, der zehnte Geburtstag von ARTNOIR. Gemeinsam mit Freunden, Bekannten und Neugierigen haben wir im Februar das KIFF in Aarau mit Bands und DJs bespielt, haben uns und die Musik als Gesamtheit gefeiert, hatten eine wunderbare Nacht. Das gab Energie, das sorgte für Bestätigung.
Abschliessend lässt sich darum sagen: 2020 wird erneut ein wichtiges Jahr für ARTNOIR, da es weiterhin gilt, die Mauern zu durchbrechen, die Grenzen zu verwischen, die Musik zu fördern. Dank euch Leser*innen, Musiker*innen, kreative Schaffenden, Träumer*innen und verrückten Köpfen. Beschreiten wir den Weg gemeinsam. Machen wir die Welt zu einem schönen und zukunftsträchtigen Planeten.
Seid bunt
Michael
Wie immer, für alle Listen-Freaks, hier noch die Top Ten der Alben:
Alben International
1. Underworld – DRIFT Series 1
2. Nick Cave & The Bad Seeds – Ghosteen
3. Sharon Van Etten – Remind Me Tomorrow
4. Swans – leaving meaning
5. Cultdreams – Things That Hurt
6. Heather Woods Broderick – Invitation
7. Blanck Mass – Animated Violence Mild
8. Oiseaux-Tempete – From Somewhere Invisible
9. Tegh – Unusual Path
10. King Gizzard & The Lizard Wizard – Infest The Rats’ Nest
Alben Schweiz
1. Dagobert – Welt Ohne Zeit
2. Camilla Sparksss – Brutal
3. Stahlberger – Dini zwei Wänd
4. King Pepe – Karma OK
5. The Young Gods – Data Mirage Tangram
6. Tobias Preisig – Diver
7. Scratches – Rundown
8. Coilguns – Watchwinders
9. Knöppel – Faszination Glied
10. Jessiquoi – Glitch Trigger