Name: Dennis Bäsecke
Tätigkeit bei artnoir: Schreiberling
Dabei seit: März 2012
2012 – Mein erstes artnoir-Jahr: Von einem entspannten Plausch mit Marco Hietala (Nightwish) und einem vergnügten Walpurgis-Konzert von Schandmaul, bis hin zum bedächtigen Akustik-Projekt von Diary of Dreams, hielt es so einige Trümpfe im Ärmel bereit. Im Spätsommer lud ein überreifes M’era Luna Festival mit vielseitigstem Programm zur „Ernte“ ein und Deutschland hat seinen Superstar immer noch nicht gefunden. Die Popmusik ist indes noch einfarbiger geworden – fast schon wieder eine Leistung. Melodyne scheint zur Tugend erhoben worden zu sein und schrapelt heiter bis wolkig aus jedem unseligen Tragetelefon heraus, als wollte dieser gewaltige Trauerchor der geschundenen Unterhaltungsmusik sich sein eigenes Requiem singen. Wie wäre es 2013 mit Occupy-Bohlen?
Doch einige bemerkenswerte Platten sind in den letzten zwölf Monaten vom Kommerz-Moloch unbemerkt erschienen. Da seien zum Beispiel die Cold Specks erwähnt, die mit ihrem eindrucksvollen Doom-Soul debütierten. Dead Can Dance sind in alter Frische zurück und erwähnte Diary of Dreams wagen sich überaus lohnend auf akustisches Terrain. In elektronischen Gefilden blieb mir vor allem das neue Album von Assemblage 23 in Erinnerung. Müsste ich mich aber für ein Highlight des Jahres entscheiden, so wäre das wohl der Album-Gigant „Ewig“ der Letzten Instanz. Ganz grosses Kino ohne falschen Pathos!
Aussen vor bleibt bei dieser Frage Storm Corrosion; eine derart überirdische Veröffentlichung steht irgendwie ausser Konkurrenz…
Die verkrampften Hahnenkämpfe eroberten sich derweil auch dieses Jahr neue Dimensionen, so dass man zwischen Finanz-Harakiri in den Staaten, Nuklearmasturbation und nah-/fernöstlichem Irrsinn hätte verzweifeln können, wenn nicht Serj Tankian ein neues tröstendes Album gespendet hätte; Danke!
Selbsternannte Piraten erklärten das Urheberrecht zur moralischen Verwerflichkeit und degradierten damit Berufsmusiker zu Hobby-Dienstleistern – charmant. Während sie sich dabei in argumentativ flache Gewässer manövrierten, brach der Plattenmarkt auch ohne dummdreiste Freibeuter weiter ein. Das öffnete natürlich neuen Formaten die Tür und spannende Ideen wurden verwirklicht. Aber auch das älteste Musik-Format, das Konzert, gewann wieder an Bedeutung.
Das Live-Gewitter des Jahres war für mich ganz klar die atemberaubende Show von Skunk Anansie: Spielfreude, musikalischer wie inhaltlicher Druck und gute Laune im Überfluss! Ebenfalls unheimlich überzeugend spielten Amon Amarth am Rock Harz-Festival und Blitz the Ambassador in Zürich (Mein allererstes Hip Hop-Konzert – warum nicht?).
Und richtige Überraschungen gab es auch 2012: Neben Storm Corrosion war bestimmt Das Fortleben eine der positivsten davon. Musik zum Mitdenken statt zum Mitsingen. Während der Fukushima-Schock längst wieder der bequemen Vergesslichkeit anheimgefallen ist, bitter nötig!
Typisch Schwarzseher; Ernüchterndes zum Schluss: Der Weltuntergang zum Beispiel war ganz schön lau. Ähnlich enttäuschend fiel das neue Album von Mono Inc aus – so spannend wie kalter Kaffee. Und die Desperadoz? Nachdem ich mich veranlasst gefühlt hatte, das Album über den grünen Klee zu loben und meine Freunde zum Konzert gezerrt hatte, wäre ich am liebsten im Boden versunken. Dieser Italo-Western im Kleinformat überzeugte kaum.
Möge 2013 neue Heldentaten bringen!