Band: Apocalyptica
Album: Wagner Reloaded
Genre: Cello-Metal mit Orchester
Label/Vertrieb: BMG
Veröffentlichung: 18. November 2013
Website: apocalyptica.com
Geschrieben von: Dennis Bäsecke
Drohende Glissandi eröffnen die grosse Hommage der finnischen Metal-Cellisten an den Schöpfer der Bayreuther Festspiele. Die Glissando-Figur zieht sich zusammen, wird tänzerischer und schliesslich zur Begleitung der ersten Kantilene in „Genesis“. Nach einer weiteren Diminution des Motives erhebt sich eine Art Bolero-Rhythmus über drei Minuten aus kratzenden Geräusch-Sphären. Grossflächig aufgespannte melodische Bögen, dramatisch galoppierende Patterns und anrührende Melodien hält das grossformatige Werk der nordischen Pioniere bereit – aber auch grosse Fragezeichen.
Das ganze Projekt ist als Musiktheater mit Tanz konzipiert und durchgeführt. Das hört man an all den Stellen, wo die Musik anderen Elementen Raum gibt, die wir auf der CD aber nicht sehen können. Wie oft auch bei Filmmusik, besteht dann die Gefahr, das lange repetitive Phasen und Steigerungsformen ohne das dazugehörige Bild unverständlich oder gar langweilig werden. Die Handlung ist durch die nonverbale Musik nicht verfolgbar.
Dazu kommt ein Problem der meisten Ansätze der Fusion von Klassik und Rock: Wenn wie in „Path In Life“ das sinfonische Zitat einfach von einer ungnädigen Double-Base überfahren wird, verbinden sich die Stile nicht, sondern stehen nur nebeneinander. Mehr Feingefühl beweisen die Macher hier beim fliegenden Holländer, wo die beiden Klangsprachen etwas mehr ineinandergreifen.
Es gibt aber eine Unzahl spannender, berührender und mitreissender Momente; Der gefühlvolle Cello-Choral aus „Lullaby“, der später ins Orchester wandert sorgt für Gänsehaut und Baby-Schreie lassen das Bühnengeschehen erahnen. Die plätschernd naive Filmmusik im folgenden „Bubbles“ schmeichelt sich charmant ins Ohr und „Creation Of Notes“ bleibt mit seinem Verlauf vom dämonischen Ächzen über das Pizzicato-Plätschern zum Dresch-Beat mit orchestraler Zuspitzung stets interessant, auch wenn der auftauchende legendäre Tristan-Akkord angesichts seiner Erwartbarkeit etwas skurril und fehl am Platz wirkt. „Running Love“, erinnert einmal mehr an die zarten Zwischentöne von „Cult“ und beleuchtet so die eigene musikalische Geschichte von Apocalyptica. Dann regnen chromatisch die hohen Streicher herab und das Orchester überlagert die Band.
Spätestens aber, wenn unter dem Titel „Ludwig – Wonderland“ – im Rahmen von Wagner Reloaded wohlgemerkt – praktisch eins zu eins vom Pink Floyd Album „The Division Bell“ zitiert wird, darf man sich fragen, ob es sich hier um eine kunstvolle Collage oder einen wahllosen Flickenteppich handelt. Während dieser Überlegung wird man jedoch vom nächsten Metal-Einschub angedonnert, wodurch sie sich in gewisser Weise erübrigt.
Ein eindrucksvolles Gesamtbild sei indes unbestritten. Wagner’s ominöser und vielgeschundener Idee vom Gesamtkunstwerk kommt das entgegen stellt allerdings die als Live-Mitschnitt vorliegende CD, die ja nur einen kleinen Ausschnitt dieses Gesamtbildes wiederzugeben vermag, gerade in dieser Hinsicht in Frage; das Projekt begeistert, die CD als „Ergebnis“ nicht.
Schliesslich verliert sich diese imposante Kombination von filmischer Musik und der Handschrift von Apocalyptica in traurigen Klangfolgen und einem schlichten „Forest Gump-Klavier“. Ein euphorisches Publikum bezeugt einen starken Auftritt.
Ambitioniert und vielfarbig aber vorhersehbar.
Tracklist:
1. Signal
2. Genesis
3. Fight Against Monsters
4. Stormy Wagner
5. Flying Dutchmann
6. Lullaby
7. Bubbles
8. Path In Life
9. Creation Of Notes
10. Running Love
11. Birth Pain
12. Ludwig – Wonderland
13. Ludwig – Requiem
14. Destruction
Bandmitglieder:
Eicca Toppinen – Cello
Paavo Lötjönen – Cello
Perttu Kivilaasko – Cello
Mikko Sirén– Schlagzeug
Gründung:
1993