Interview mit Anna und Oliver von ShirayasDream
Geschrieben von:
Luke J.B. Rafka
Ein Duo, unterschiedlicher es nicht sein kann, trifft sich via MySpace-Community und bricht zu neuen Ufern auf. Es gründet unter dem Namen ShirayasDream ein Electropopduo und startet mit der neuen Musikrichtung Alien-Pop, um die Welt zu erobern. Mit ihrem dritten Album in Eigenregie gelingt es ihnen immer mehr. Grund genug um sich mit diesen beiden Ausnahmekünstlern einmal näher darüber zu unterhalten.
Luke: Ihr habt Euch über die Plattform MySpace kennen gelernt. Wie waren die ersten Eindrücke und Ideen Eurer Zusammenkunft?
Oliver: Mir war von Anfang an klar, dass sich unsere Arbeiten sehr gut miteinander verbinden können, also Annas unverwechselbarer Mezzosopran und meine doch recht vielseitigen Arrangements.
Anna: Da kann ich Oliver nur zustimmen. Das war eine sehr spannende Zeit, und es kristallisierte sich für mich schnell heraus, dass wir sehr lange zusammen Musik machen würden.
Luke: Sicherlich ist es schwierig, wenn man sich überhaupt nicht kennt, zusammen zu arbeiten. Wie waren die Anfänge von ShirayasDream?
Oliver: Überhaupt nicht schwierig… Wir begannen Anfang August 2008 mit der Aufnahme des Songs „Children of the Night“ und nachdem ich die Abmischung bei mir im Homestudio fertig gestellt hatte, war mir klar, dass wir noch viele interessante und schöne Songs miteinander produzieren werden… was sich ja dann auch bewahrheitet hat.
Anna: Von Anfang an war alles im Fluss. Auch auf menschlicher Ebene waren wir uns vom ersten Moment an sympathisch. In vielen Punkten sind wir einer Meinung, so dass bandinterne Konflikte nur selten auftreten.
Luke: Wie entstand Euer Name? Welche Bedeutung hat er für Euch?
Oliver: „ShirayasDream“ entstand ursprünglich als Instrumentalprojektname, da ich bis Spätsommer 2008 rein instrumentale Musik produziert hatte. Die Idee, meine Arrangements mit Gesang zu füllen, stand zwar zeitgleich auch schon fest, aber bis ich Anna kennen gelernt hatte, gab es einfach noch keine adäquate Umsetzung dieser Idee. Daher schuf ich mir schon mal eine Frauengestalt in meiner Fantasie, die ich „Shiraya“ nannte, und die mit mir in meine musikalischen „Traumwelten“ reisen sollte. Dass sich hinter dem Namen „Shiraya“ auch noch eine antike Mondgöttin aus „Star Wars“ verbirgt, wurde mir erst später zugetragen. Nach dieser Erkenntnis entstand dann auch die Idee, irdische und außerirdische Traumwelten miteinander in Verbindung zu bringen und „ShirayasDream“ wurde in seiner eigentlichen Rolle definiert.
Luke: Oper, Dark, Ethno ist ja schon eine gewagte Mischung und doch passt sie in die „Schwarze Szene“. War es direkt geplant, diese Genre übergreifende Musik zu kreieren?
Oliver: Nicht direkt im Sinne einer bewussten Zielsetzung am Anfang unseres Schaffens, sondern eher als Resultat auf die recht unterschiedlichen Musikstile, die wir auf unseren Alben miteinander vereinen.
Anna: Auf jeden Fall wusste ich, dass ich musikalisch etwas Innovatives kreieren wollte. Bevor ich Oliver getroffen hatte, war mir allerdings nicht ganz klar, in welche Richtung das gehen sollte.
Luke: Wie seid Ihr darauf gekommen, Euren Style Alien-Pop zu nennen? Was hat es damit auf sich? Warum gerade Alien-Pop?
Oliver: Nun, wie in der vorangegangenen Frage schon von mir ein wenig erläutert wurde, haben wir ein buntes Potpourri innerhalb einer „Szenezugehörigkeit“ gestreut, welches einzig durch Annas Stimme immer wieder den “roten Faden“ sichtbar werden lässt. Diese Art von Pop, denn nichts anderes ist der Großteil unserer Stücke, fügt sich aber mal so gar nicht brav in eng umrissene Genres ein, deshalb sehen wir uns ein wenig wie „Aliens“ in der Musikszene… 😉
Anna: Genau. Wir fühlen uns keinem bestimmten Genre zugehörig. Das lateinische Adjektiv „alienus“, auf welchem das englische Wort „Alien“ basiert, bedeutet ja fremd bzw. „nicht zugehörig“.
Luke: Eine ausgebildete Gesangsstimme mit SynthPop-Parts. Das gab es in der Vergangenheit vielleicht bei Nina Hagen, noch zu DDR-Zeiten. Wie habt Ihr diese Zeit kennen gelernt? Wollt Ihr mit Eurer Musik auch die Welt kritisch angehen und Eure Zuhörern zum Nachdenken anregen?
Oliver: Ich als ehemaliger Thälmannpionier habe kaum noch kulturelle Erinnerungen an diese Zeit. Nina Hagen habe ich erst sehr viel später gehört, nachdem sie in den Westen gegangen ist. Unsere Musik soll schon ein wenig die gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Abgründe widerspiegeln, ja. Aber auf eine komödiantisch überspitzte Art.
Anna: Und in dieser komödiantisch überspitzten Art kommt ein wenig mein Charakter zum Ausdruck. Hin und wieder neige ich zu Ironie und Zynismus. In erster Linie möchten wir aber mit unserer Musik unterhalten. Ich glaube, wir sind beide nicht intellektuell genug, um den Zeigefinger auf politische und gesellschaftliche Missstände zu richten. Nina Hagen zu Ostzeiten habe ich als Wessi nie erlebt. Außerdem war ich damals noch nicht einmal geboren. Erst viele Jahre später habe ich ihre Musik schätzen gelernt. Ebenso die klassisch ausgebildete Countertenor-Stimme von Klaus Nomi, der vor 30 Jahren die Vorreiterrolle im Genre Alien-Pop eingenommen hat.
Luke: Gibt es irgendwelche Idole, Fantasien oder Geschehnisse nach denen Ihr Eure Texte und Musik richtet?
Anna: Natürlich stehen wir als Musiker in ständiger Wechselwirkung mit anderen Musikschaffenden, auch wenn wir keineswegs versuchen, ihnen nachzueifern oder sie zu kopieren. Meinen Part des Songs „Floating in Space“ habe ich zum Beispiel Klaus Nomi gewidmet was aber purer Zufall war. Ich war beim Abhören der Vorversion etwas erschreckt, weil sich der Song anhörte, als habe sein Geist mir beim Komponieren der Gesangsmelodie geholfen! 😉 Ansonsten werden meine Texte häufig durch Begebenheiten aus dem Alltag geprägt, meist dann, wenn ich darunter leiden muss. Musik hat für mich also neben dem Spaßfaktor auch eine therapeutische Wirkung.
Luke: Welche Gedanken haben Euch bei der Arbeit an “Venus Calls“ geprägt?
Anna: Während ich mir auf den Alben „Magic Carpet Nights“ und „Floating in Space“ in den Texten ziemlich viele Fantasien und Reisen in irdische und außerirdische Traumwelten ersponnen habe, geht es bei „Venus Calls“ eine ganze Spur realistischer zu. Dabei spielt mein Privatleben eine große Rolle, beispielsweise die Trennung von meinem langjährigen Freund, unter der ich sehr gelitten habe.
Luke: Mit dem gleichnamigen Song Eures neuen Albums sowie “Lights go out“ seit Ihr in wechselhafter Sprache unterwegs. Was hat Euch dazu bewegt?
Anna: Ich spiele gerne mit Sprachen. Schon in der Schule habe ich in Englisch, Französisch und Deutsch ständig Einsen eingeheimst! 😉 Ich kann aber nicht genau benennen, was mich bei „Lights Go Out“ dazu bewegt hat, zwischen Deutsch und Englisch zu wechseln. Ich konnte mir die Strophen einfach nur auf Deutsch vorstellen. Es war also eine Art von Eingebung.
Luke: Was wollt Ihr mit Eurer Musik zusammen mit den Texten aussagen? Welche Gründe stehen dahinter?
Anna: Ich schlage vor, einfach mal auf die Texte und die Musik zu hören! 😉 Musik und Text sind Ausdruck unserer miteinander verknüpften künstlerischen Persönlichkeiten. Darin steckt sehr viel Seele von Oliver und mir. Und natürlich unsere Form von Selbstverwirklichung.
Luke: Wie sieht die Planung für die Zukunft aus?
Oliver: Wir planen jetzt erst einmal zum Herbstbeginn die Veröffentlichung unseres dritten Albums “Venus Calls“ und werden uns ab September an die Aufnahme einer EP mit fünf deutschsprachigen Titeln setzen, welche ganz im Kammermusikstil gehalten sind.
Luke: Was wird ShirayasDream in 10 Jahren für Euch bedeuten und welche Bedeutung soll der Begriff für Menschheit in dieser Zeit sein?
Oliver: Nun, ich werde dann wahrscheinlich die Begriffe „Entwicklung“ und „ Reife“ verwenden, wenn ich rückblickend auf unsere Geschichte schauen werde. Zehn Jahre sind eine lange Zeit… Die Hörer und Fans betrachten uns hoffentlich genau so.
Anna: Auch in zehn Jahren wird ShirayasDream für mich noch künstlerische Selbstfindung bedeuten. Mit Sicherheit werden wir dann auf eine ganze Reihe spannender Alben zurückblicken und unsere musikalische Entwicklung zurückverfolgen können. Die komplette Menschheit wird sicherlich keinen pauschalen Begriff mit ShirayasDream verknüpfen, weil Musik bekanntlich sehr subjektiv wahrgenommen wird. Die einen werden uns lieben, die anderen hassen. Es gibt keine Grauzone bei unserer Musik: Entweder man mag uns oder man mag uns nicht.
Luke: Seid Ihr die Aliens, die unsere Welt beherrschen möchte und die Menschheit angreifen wird?
Oliver: Diese Frage stellt sich bei uns gar nicht. Uns geht es einzig und allein um ein kulturelles Gleichgewicht im Hinblick auf einen Großteil der bestehenden Musikszene, die meines Erachtens immer mehr zu einer langweiligen und sich stets und ständig selbst wiederholenden Farce mutiert.
Anna: Was die Musikszene betrifft, spricht Oliver mir mal wieder aus der Seele. Die Absicht, die Welt zu beherrschen, hatte ich nie. Ich bin doch nicht Hitler! 😉 Aber was den ersten Teil deiner Frage betrifft: Sind wir nicht alle Aliens, zumindest irgendwann in bestimmten Situationen?
Luke: Wird es eine Invasion der Aliens zukünftig auf Erde geben? Seid Ihr dann für die Herrschaft verantwortlich?
Oliver: Nein.
Luke: Was würdet Ihr in der Politik ändern, wenn Ihr die Möglichkeit hättet?
Oliver: Fast alles! Aber mal im Ernst. Kunst hat noch nie die herrschaftlichen Strukturen zu verändern vermocht, eher hat sie sich leider sehr oft in ihren Dienst einspannen lassen und zu Propagandazwecken verkauft. Daher halten wir es nicht so sehr mit politischen Umwälzungsfantasien.
Luke: Eure Darstellungsweise der einzelnen Tracks erinnert sehr an Acts wie Rosenstolz, Nina Hagen und Schneewittchen. Immer wieder kehren alte 80er Zeiten in kurzen Linien zurück. War das von Beginn des Projektes/der Band gewollt?
Oliver: Also, die „good old 80s“ sind ja gerade im „Darksektor“ ein beliebtes Stilmittel um althergebrachte Hörgewohnheiten zu erhalten, aber bei mir resultieren sie innerhalb der “Synth-Pop“ Arrangements wohl eher daher, dass ich noch analog mit Synthesizern arbeite und nicht mit handelsüblichen Sequenzerprogrammen.
Anna: Ich schätze die 80er Jahre sehr, weil es damals noch gewollt war, bunt und schrill aus der Reihe zu fallen. Im Vergleich zu den „good old 80s“ ist die Musikszene heutzutage leider sehr konservativ und vielleicht aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht mehr sehr offen für innovative Künstler. Vielleicht schwingt bei uns manchmal die Sehnsucht mit, in diese spannende Zeit zurückzureisen. Trotzdem war diese Anlehnung am Anfang des Projekts nicht geplant.
Luke: Eure ersten beiden Alben “Magic Carpet Nights“ und “Floating In Space“ habt Ihr komplett in Eigenregie produziert und veröffentlicht, warum nun die Überlegung zu einem Label zu wechseln?
Oliver: Auch unser drittes Album und die kommende EP sind komplett in Eigenregie entstanden.
Der Anschluss an ein kompatibles Musiklabel wäre für uns zwar auch vorstellbar, aber die eigentliche Produktionsphase halten wir doch lieber in unseren Händen.
Anna: Ich wünsche mir ein Label, dass sich effektiv um den Vertrieb und die Promotion unserer Musik kümmert. Ein Labelvertrag wäre aber für uns nur sinnvoll, wenn das tatsächlich der Fall ist.
Bandsite: www.myspace.com/shirayasdream