Liberation Records / VÖ: 19. Mai 2023 / Alternative, Pop
alexlahey.com.au
Text: Michael Messerli
Das dritte Album von Alex Lahey beginnt mit «Good Time» und für einen kurzen Moment, auch nachdem man von Melbourne gelesen hat, vermutet man eine Verwandtschaft mit Courtney Barnett. Bis zum Refrain. Hier verfliegt dieser Gedanke – und kommt nicht mehr wieder. «Good Time» ist ein echter, in der Strophe verwaschener Sommer-Hit und er ist die Sonne, um die die restlichen Planeten kreisen. «The Sky Is Melting» dagegen ist die dunkle Seite des Mondes, die einen mindestens genauso anzieht. Die anderen Himmelskörper scheinen alle bewohnbar bis wohnlich und sind sich oder den vorhergehenden Alben manchmal ähnlich. Die Entwicklung von Alex Lahey ist dennoch deutlich hörbar. Der musikalische Tiefgang hat mit etwas weniger Zucker und etwas mehr Pfeffer zugenommen.
Oder anders formuliert: «The Answer Is Always Yes» hat genug alternativen Popappeal, um die Sackgassen locker zu umgehen. Der Weg liegt klar und unmissverständlich vor einem. Kein «Shit Talkin’» sozusagen. Das erinnert stellenweise an Sløtface vor ihrem Umbruch minus die Komplexität. Dieses und jenes hat man hie und da schon von anderen Songwriter:innen gehört. Die leisen Zweifel verabschieden sich aber ganz besonders zum Schluss, mit drei Songs, die sich als etwas weiter entfernte Planeten wieder eher vorwiegend in der Dämmerung aufhalten. Diese Schattierungen tun dem Album gut und hätten in den ersten zwei Dritteln noch ein bisschen mehr eingestreut werden dürfen.
Denn dort am Rand versteckt sich der textliche Höhepunkt «They Wouldn’t Let Me In». Eine gewitzte, clevere und trotzdem absolut ernsthafte Aufzählung zum Aussenseitertum einer queeren jungen Frau. Und hier hat das Album seine grössten Stärken: Wenn man die Gefühlslage herausspürt, nicht dazuzugehören, weil man nicht eingeladen, erwünscht oder mitgedacht wird. Oder weil man keine diversen Lebensentwürfe angeboten bekommt. Nicht in den Medien, nicht in Filmen und nicht in Serien. Hiervon kann die bald 31-jährige Lahey ein Lied singen und es zeigt, wie wichtig Vorbilder sind. Seien es fiktive – oder reale wie Lahey selbst.