ARTNOIR11 – Der Fragebogen
Ausgefüllt von: Julia Foster vom Fri-Son.
Zum elften Geburtstag von ARTNOIR haben wir diversen Frauen aus dem Schweizer Musikgeschäft einen Fragebogen zur Bestandsaufnahme zugestellt.
Eine Übersicht zu allen Teilnehmerinnen gibt es hier.
Julia Foster ist die Verantwortliche für Kommunikation im Club Fri-Son in Fribourg.
Daneben arbeitet sie als Freelancerin im Bereich Kommunikation.
ARTNOIR: Unser Musikmagazin wird elf Jahre jung. Was war für dich in diesem Alter wichtig?
Julia: Im Unihockey die neusten Tricks zu lernen und besser zu spielen als die Jungs. Und Bücher.
Wohin wird sich die Musikwelt – oder allgemein unsere Gesellschaft – im nächsten Jahrzehnt bewegen?
Die Gesellschaft: die Extrempole und -positionen breiten sich auf allen Seiten aus. Der Kompromiss und die goldene Mitte scheinen nicht besonders gefragt zu sein, respektive tendenziell abgestraft zu werden. Innen und Aussen und Härte der Grenzen dazwischen werden neuverhandelt, und das in einem zunehmenden unversöhnlichen Ton. Persönlich hoffe ich, dass wir doch sehr bald mit dem neoliberalen Gesellschaftsmodel abschliessen und uns auf einen mehr inklusiven und auf soziale Gerechtigkeit ausgerichteten – über den gesamten Globus hinweg – Gedankenhorizont einigen können. Der Austausch über kulturelle und territoriale Grenzen hinweg, gegenseitigen Respekt und Verständnisschaffung für die Andersheit werden dabei wichtige Grundlagen sein.
Das Musikbusiness wird in meinen Augen im Livebereich eine Konsolidierung erleben, im Clubbereich ist das spürbar, ich schätze die Festivallandschaft folgt in den nächsten 5-10 Jahren.
Die Kommunikationsfähigkeiten, welche Bands und Künstler an den Tag legen können (sei die Kommunikation selbst gemacht oder via eine Agentur), werden immer wichtiger. Meiner Erfahrung nach funktionieren diejenigen Bands heute am besten, bei welchen die Kreativität nicht am Ende des Songs, respektive bei der Türe des Bandraums aufhört, sondern sich mit Lust und Skills in der Kommunikation und insbesondere auf den Social Media weiterzieht, aber auch im Umgang mit den Medien, Artworks und weiteren Ausdrucksformen.
Wie weit planst du selber voraus – eine gesamte Dekade oder ist alles Zufall?
Wenn mich das Leben eines gelernt hat, dann, dass alles anders kommt. Deshalb habe ich eine „Go with the Flow“-Technik entwickelt, welche in der Richtungsweisung durchaus auch einen Zeitraum von mehreren Jahren einnehmen kann.
Was waren deine Highlights in den vergangenen Jahren?
Die Energie, Überlegtheit, informierte Neugierde und Freude junger Leute, mit welchen ich die Freude habe zu arbeiten.
Die Schweizer Musikszene – an was denkst du, wenn du diesen Begriff hörst?
So ein bisschen mein Zuhause.
ARTNOIR versucht, die Kunst der Musik in ihrer grossen Vielfalt abzubilden. Was fehlt für dich in unserem Magazin?
Fehlen ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, mehr eine Idee, was mich interessieren würde und ich seit 78s eigentlich nicht in einem Schweizer Blog finde: die Meta-Ebene. Also eine Rubrik, die sich damit befasst, was im Musikbusiness als Business national wie auch international läuft. Zum Beispiel die Entwicklung von Tik-Tok und den möglichen Einfluss auf die Musikszene.
Welche Stilrichtungen / Genres oder Künste liegen dir besonders am Herzen?
Das ändert alle paar Jahre. Im Moment wechsle ich im Tagestakt von Trash Metal zu experimental und spiritual Jazz, dann ein Ausflug zu Billie Eillish und weiter mit einer Hörorgie mit Musik aus Nordafrika und den Arabischen Ländern. Grundsätzlich interessiert mich – zumindest intellektuell – immer die Musik am meisten, die ich nicht mag.
Zu guter Letzt: Was sollte endlich gesagt werden?
Sind doch aifach echli netter zunenand, es hilft nämlich wückli, ihr trümmlige Affe.
Vielen Dank, dass du zur Vielfalt in der Musik und dem Leben beiträgst.
Interview: Michael Bohli