ARTNOIR11 – Der Fragebogen
Ausgefüllt von: Jennifer Jans von Bleu Roi.
Zum elften Geburtstag von ARTNOIR haben wir diversen Frauen aus dem Schweizer Musikgeschäft einen Fragebogen zur Bestandsaufnahme zugestellt.
Eine Übersicht zu allen Teilnehmerinnen gibt es hier.
Jennifer Jans ist durch ihre langjährige Erfahrung und ihre beruflichen Tätigkeiten fest in der Musiklandschaft verwurzelt. Als studierte Kulturmanagerin und engagierte Musikschaffende besitzt sie schweizweit ein grosses Netzwerk.
Sie ist Mitinitiantin von SAY HI! und leitet deren Weiterentwicklung. Jennifer ist ehemalige Betriebsleiterin des B-Sides Festivals, aktuell im B-Sides Vorstand tätig und zudem Bereichsleiterin der m4music Demotape Clinic.
Als Musikerin hat sie im Herbst 2019 mit Bleu Roi ihr zweites Album veröffentlicht.
ARTNOIR: Unser Musikmagazin wird elf Jahre jung. Was war für dich in diesem Alter wichtig?
Jennifer: Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe in diesem Alter begonnen, mich intensiv für Popmusik zu interessieren. Ich glaube, elf war tatsächlich das Alter, in dem ich zum ersten Mal alleine in einen Musikladen ging (wahrscheinlich den „City Disc“) und mir mit meinem ersparten Taschengeld eine CD gekauft habe.
Wohin wird sich die Musikwelt – oder allgemein unsere Gesellschaft – im nächsten Jahrzehnt bewegen?
Ich wünsche mir, dass die Musikwelt sich im nächsten Jahrzehnt entschleunigt, Konzerterlebnisse wieder intimer werden und, dass wir uns wieder mehr Zeit fürs Zuhören nehmen. Ich wünsche mir, dass die Schweiz endlich versteht, dass der Bereich der aktuellen Musik mit der Klassik und Neuen Musik gleichgestellt werden muss und, dass wir mehr Gelder aus der Wirtschaftsförderung erhalten. Der Kulturtopf ist reduziert und es soll auf keinen Fall irgendwo Geld abgezwackt werden. Aber ich finde es wichtig, dass die grossartige Arbeit, die von professionellen Strukturen, sowie selbstständigen Musikschaffenden gemacht wird, richtig honoriert wird. Nur so können wir im nächsten Jahrzehnt einen Schritt weiter gehen und über die Landesgrenzen wachsen.
Wie weit planst du selber voraus – eine gesamte Dekade oder ist alles Zufall?
Ich lebe mehr im Moment und plane für die nächsten paar Monate. Bei meinen Projekten, z.B beim Release eines Albums, muss ich natürlich weiter im Voraus planen, aber im Moment ist vieles offen.
Was waren deine Highlights in den vergangenen Jahren?
Ich hatte sehr viel Glück Teil von verschiedenen Festivals und Projekten sein zu dürfen und dadurch viel zu lernen und davon zu profitieren. Ich glaube, meine Highlights waren einerseits Teil des B-Sides Festivals und deren Community zu sein, sowie immer wieder selber auf der Bühne zu stehen und an meiner eigenen Musik und Kreativität arbeiten zu können.
Die Schweizer Musikszene – an was denkst du, wenn du diesen Begriff hörst?
Ich bewege mich vor allem im Bereich der aktuellen Musik in der Schweiz. Und da fallen mir viele Begriffe ein: Vielfältigkeit, Talent, Diversität, Liebe zum Detail, Intimität, Sorgfalt, Mut, Ausbruch, Experiment, Eigenständigkeit.
ARTNOIR versucht, die Kunst der Musik in ihrer grossen Vielfalt abzubilden. Was fehlt für dich in unserem Magazin?
Ich finde es sehr toll und spannend, wie viel sich im Onlinebereich für die Musik getan hat. ARTNOIR ist definitiv ein wichtiges Medium, um die hiesige Szene präsenter zu machen. Ich kann an nichts denken, dass mir dabei fehlt.
Welche Stilrichtungen / Genres oder Künste liegen dir besonders am Herzen?
Wie gesagt, bewege ich mich vor allem im Bereich der aktuellen Musik, also eher in der kommerziell weniger erfolgreichen Sparte (oder wie man in der Schweiz so schön sagt, die Musik, die weniger am Radio gespielt wird). Dort ist meines Erachtens sehr viel Talent und Bewusstsein vorhanden. Ich wünsche mir, dass noch mehr Plattformen dafür geschaffen werden.
Zu guter Letzt: Was sollte endlich gesagt werden?
Der regelmässige Austausch untereinander – egal in welchem Bereich der Musikszene – ist das A und O! Lasst uns das gemeinsam angehen und stärken!
Vielen Dank, dass du zur Vielfalt in der Musik und dem Leben beiträgst.
Interview: Michael Bohli