21. Dezember 2019
Oxil – Zofingen
Band: Leech
Als die Lokalmatadoren des Post-Rocks im September 2018 ihr neues Album „For Better Or For Worse“ im Moods in Zürich getauft haben, da fühlte man sich als Zofinger schon ein wenig aussen vorgelassen. Trotzdem, das Konzert wurde ein wunderbares Ereignis, die neuen Lieder wuchsen ans Herz. Nun 15 Monate später endlich die Heimkehr, Leech spielten am Freitagabend im Oxil in Zofingen – und die Leute folgten diesem Aufruf gleich in grossen Mengen. Die Abendkasse wurde gar nicht mehr geöffnet, der Auftritt wurde zu einem vollumfänglichen Erlebnis.
A wie ausverkauft: Zu erwarten war es, wenn das Quintett endlich wieder Zofinger Boden bespielt – trotzdem war es überraschend, welche Gesichter man alles im Kulturlokal antraf. Alte und neue Freunde, vergessene Bekannte, weiter angereiste Figuren, die Mischung war bunt und sympathisch.
B wie besprechen: Und wie es sich dann meist ergibt, Konzerte mit vielen Freunden arten zu einem Kampf zwischen Band und Geplapper aus. Zum Glück wissen Leech auf der Bühne ohne Worte zu agieren und bauten mit Synthesizern, Gitarren und druckvollem Schlagzeug eine Klangwelle auf, die so manche sinnlosen Diskussionen gleich wieder abflachen liess. Trotzdem liebe Besucher*innen: Geniesst lieber die Klänge als das gegenseitige Volltexten. Dafür gab es schliesslich eine After-Party.
F wie Freude: Spass auf der und vor der Bühne, glückliche Gesichter im Fumoir und an der Bar – diese Veranstaltung lebte von einer wunderbaren Stimmung und entliess alle zufrieden in die Nacht. Es war doch eine Art Klassentreffen, so wie man es sich immer wünschte.
L wie Lieder: Gemäss dem aktuellen Tourprogramm lag der Fokus auf den neuen Kompositionen, „Melide“ oder „Sure! Looks Real“ rockten den Saal – und erneut stellte ich zufrieden fest, wie gut die elektronischen Verstärkungen die Musik von Leech weiter vorangebracht haben. Basswände und Beats, treibende Rhythmen, ein total vereinnahmender Sound. „The Man With The Hammer» und als wunderbare Zugabe „Totem And Tabu“, persönliche Favoriten fehlten ebenso wenige wie einen kurzen Abstecher in die „Instarmental“-Zeit.
S wie Show: Man wird ja auch bei den Post-Rockern etwas grössenwahnsinniger, darum haben sich Leech beim Konzerteinstieg Projektionen auf ein Netz gegönnt. Ein stimmungsvoller Beginn, eine weitere Ebene und ein Gimmick, das nicht nur bei Herren wie Steven Wilson aufgehen kann. Gerade die instrumentalen Lieder lassen sich gerne von solchen Effekten erweitern, wie auch der tollen Lichtshow, welche jeden Moment geschickt zu untermalen wusste.
W wie Wucht: Zu leise war es auf keinen Fall im Oxil, wohl aber wusste man zu Beginn nicht so recht, wo die Gitarren denn zu finden waren. Mit voranschreitender Dauer kehrte die ausgeglichene Präsentation zurück, nicht nur „Dirty Seconds“ liess viele Leute ihre Körper bewegen. Was aber bereits damals in Zürich festgestellt wurde galt auch im Aargau: Leech waren früher brachialer, ohrenbetäubender. Das vermisste ich etwas.
Z wie Zofingen: Eine Band von solchem Kaliber in der Heimatstadt erleben zu dürfen, ist nicht selbstverständlich. Umso schöner also, hatte es endlich geklappt, noch schöner wissen Leech immer noch so viele Menschen zu begeistern. Mit ausladenden Melodien, heftigen Riffs und einem wunderbar verzweigten Spiel – diese Herren sind zu Recht lokale Helden.
Text: Michael Bohli