30. November 2019
Schüür – Luzern
Bands: Zeal & Ardor / Asbest
Die drei schönsten Stunden – was in Basel während drei Tagen im Jahr gilt, das wurde in Luzern komprimiert bestätigt. Kultur und Musik aus der Rheinstadt bleiben aufregend und fesselnd – an diesem Samstagabend allerdings in dunkelster Weise, schwarz gekleidet und mit Asche überzogen. Das Metal-Gospel-Monster Zeal & Ardor schloss seinen aktuellen Konzertreigen in der Schüür und liess es sich nicht nehmen, die Innerschweiz gleich mit den Freunden von Asbest einzunehmen. Zwischen Dämonen und heutigen Missständen landete die brutale Messe.
Getragen von Aggression und der Auflehnung gegenüber sexueller Unterdrückung war die Musik von Asbest schon immer. Das Trio um Frontfrau Robyn Trachsel zeigt mit lauten Gitarren, viel Verzerrung und wilden Schreien auf die Ungerechtigkeiten. Das brauchte an diesem Abend zwar eine kurze Anlaufzeit, wurde mit jedem Song wuchtiger und schonungsloser. Schlagzeuger Jonas Häne packte eine unglaubliche Kraft in sein Spiel, Judith Breitinger mischte ihre satten Bassspuren mit energetischen Stimmausbrüchen. Noise-Rock mit Doom, Auflehnung und Verurteilung. Spätestens bei „They Kill“ vom Album „Driven“ war man emotional und körperlich eins mit dem Trio.
Diese Verbundenheit suchten Zeal & Ardor nicht, bei ihnen ging es um grössere Momente. Die Band um den kreativen Schöpfer Manuel Gagneux holte die Schreckensherrschaft der religiösen Fanatiker vergangener Jahrhunderte auf die Saalbühne der Schüür. Zwischen Höllenfeuer und wurmstichigen Äpfeln, mit Rauchsäulen und dämonischem Grollen. Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Verbindung aus Gospel und Black Metal eine unzähmbare Kraft ist, die Band beweist dies seit Jahren auf unzähligen Bühnen der Welt. Und wie bereits beim Livealbum „Live In London„, zeigten sich die Lieder in Luzern von ihrer dunkelsten Seite.
Die Hitze von „Ship On Fire“, die mitreissenden Gesänge bei „Blood In The River“, die Eingängigkeit von „Devil Is Fine“ – je brutaler und schneller Zeal & Ardor spielten, desto intensiver wurden die Emotionen. Der vollgepackte Raum durchschritt die Höllenkreise zusammen mit den Musikern ohne zu Zögern, gereckte Fäuste und laute Schreie füllten die kurzen Momente der Ruhe zwischen den Liedern. Viel gesprochen wurde nicht, dafür Lärm gemacht – so mag man diese Truppe. Dass die Teufel ohne ihren Bassisten auftreten mussten, das vergass man bei den heftigen Angriffen immer wieder.
Unwiderstehlich war die Vorstellung in jeder Sekunde, willig liess man sich in die Lavaströme ziehen, gerne legten man sich in die heissen Ketten. Wenn Zeal & Ardor zur Andacht rufen, dann werden Fleisch und Furcht in die Hände der Gruppe gelegt. Nebst der modernen Musikmischung war es eine Zeitreise, eine Wanderung durch Glauben, Verblendung und Unterdrückung. Mit Songzeilen, die leider heute noch gebrüllt werden müssen, mit klanglichen Bildern, die als Mahnmal dienen. Der Teufel lebt, ganz klar.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Sacrilegium I
2. In Ashes
3. Servants
4. Come on Down
5. Row Row
6. Blood in the River
7. Waste
8. Fire of Motion
9. Gravedigger’s Chant
10. Stranger Fruit
11. Ship on Fire
12. You Ain’t Coming Back
13. We Never Fall
14. Built on Ashes
15. We Can’t Be Found
16. Don’t You Dare
Zugabe
17. Devil Is Fine
18. Baphomet
Text: Michael Bohli