Band: Yann Tiersen
Album: Portrait
Genre: Pop / Klassik
Labe: Mute
VÖ: 6. Dezember 2019
Webseite: yanntiersen.com
Oussant – die westlichste Siedlung Frankreichs, eine bretonische Insel mit kaum 850 Einwohnern, wichtige Landmarke im Ärmelkanal mit enormer historischer Vergangenheit. Heimat der kleinsten Schafrasse Europas. Heimat von Yann Tiersen. Der begnadete Musiker, der sich dagegen wehrt, als Komponist bezeichnet zu werden, errichtete sich auf der von ihm so verehrten Insel ein Analogstudio, auf den Namen „The Eskal“ getauft. Gemeinsam mit anderen namhaften Musikern und Musikerinnen entstanden dort neue Versionen bereits veröffentlichter Stücke, alle live eingespielt, alle ohne Ausbesserungen und Overdubs. Yann Tiersen sah darin eine Energie und Spannung, die durch die technischen Möglichkeiten, die uns heutzutage gegeben sind, Aufnahmen beliebig oft zu verändern, zu retuschieren oder besonders auszuschmücken, meist verloren geht. „Klänge nicht in 1 und 0 zu übersetzen, hält Musik in der realen Welt.“
„Portrait“ umfasst 25 Stücke aus der gesamten Diskographie des Multi-Instrumentalists. Angefangen bei „The Waltz oft he Monsters“ von 1995, dem ersten Studioalbum Tiersens, bis hin zu „All“, das gerade erst im Februar dieses Jahres an die Öffentlichkeit gelangte. Auch der Film „Le Fabuleux Destin d’Amélie Poulain“, der dem Franzosen weltweite Berühmtheit einbrachte, ist auf „Portrait“ mit zwei Stücken vertreten, wobei Yann Tiersen bemüht war, den düsteren und schweren Hintergrund der Musik zu betonen, die durch den Film verloren ging, was zu einer scheinbaren Fehlinterpretation deren Bedeutung führte. So sei „La Dispute“ einer der dunkelsten Tracks Tiersens und die Vorstellung, diesen Song bei Dates zu spielen, habe immer schon Unwohlsein hervorgerufen. „Portrait“ soll das Stück in seinem wahren Licht zeigen und erkennen lassen, inwiefern der Film dieses Licht zu verändern vermochte. „Comptime d’Un Autre Été (L’Après-Midi)“ habe sich immer wie eine herzlose Interpretation auf einer kalten digitalen Aufnahme angehört, die Interpretation des Stücks auf der Analogaufnahme fühle sich an wie eine Rückeroberung – persönlich, verbunden mit seinem eigenen Leben auf Oussant.
Yann Tiersen hatte für die Aufnahmen im „The Eskal“ Musiker wie Gruff Rhys (Furry Animals), Stephen O’Malley (Sunn O))) ), John Grant, Ólavur Jákupsson, Melanie Knott sowie seine Ehefrau Emilie Tiersen neben sich. „Heutzutage bedeutet Kollaboration zumeist Datenaustausch.“ Was zwar in Ordnung sei, aber nicht mit echter Zusammenarbeit im Studio zu vergleichen. Blonde Redhead aus den Staaten, deren Alternative Rock Tiersen auf den Vorschlag seiner Frau mit auf „Portrait“ vertreten haben wollte, schafften es jedoch nicht, in die Bretagne zu reisen – für sie blieb es beim Datenaustausch. Dass sie sich eines Tages doch noch treffen werden, steht für Yann Tiersen jedoch ausser Frage.
Die Gesangsspuren, die Blonde Redhead aus Italien und New York gesendet hatten, sind auf „Closer“ wiederzufinden, einem der drei Stücke, die nicht bereits auf einem der bisherigen Alben Tiersens zu finden sind. Auch „Diouz An Noz” und “The Jetty” wurden eigens für dieses Album geschrieben. Und manche Songs hören sich so anders an, dass sie auch beinahe als neu durchgehen könnten: Für “The Waltz of the Monsters” griff Tiersen zu Spielzeugklavier, Harmonium und einer Menge Effekten, sodass der ursprünglich nach französischer Idylle klingende Song nun eher an einen schrägen Horrorfilm erinnert.
Das Album erscheint am selben Tag wie der Samichlaus, eignet sich jedoch weniger für gemütliches Beisammensitzen unter dem Weihnachtsbaum – dafür vermittelt “Portrait” zu viel Trauer und Melancholie. Also aber trotzdem ganz passend zur dunklen Winterzeit, nur eben vielleicht lieber nicht beim Guetzlen und Glühweintrinken hören.
Tracklist:
1. Introductory Movement
2. The Long Road (La Longue Route)
3. Monochrome (featuring Gruff Rhys)
4. Chapter 19 (featuring Ólavur Jákupsson)
5. Rue des Cascades (featuring Ólavur Jákupsson)
6. The Old Man Still Wants It
7. Gwennilied (featuring Emilie Tiersen)
8. Prad (featuring Stephen O’Malley)
9. Diouz An Noz (featuring Emilie Tiersen & Ólavur Jákupsson)
10. Porz Goret
11. La Dispute
12. Pell (featuring Emilie Tiersen)
13. Erc’h (featuring Ólavur Jákupsson)
14. The Wire (Sur le Fil)
15. The Waltz of the Monsters (featuring Emilie Tiersen)
16. Closer (featuring Blonde Redhead)
17. Naval
18. The Jetty
19. Koad (featuring Ólavur Jákupsson)
20. Prayer No.2
21. Gronjord (featuring Ólavur Jákupsson)
22. Kala (featuring Ólavur Jákupsson)
23. Comptine d’Un Autre Été (L’Après-Midi)
24. Tempelhof (Part 2)
25. Thinking Like A Mountain (Feat. John Grant & Stephen O’Malley)
Bandmitglieder:
Yann Tiersen
Gründung:
1995
Text: Sarah Rutschmann