22. September 2019
Schüür – Luzern
Bands: Vola / Arch Echo / Rendezvous Point
Früher, da war der Progressive Metal noch etwas für gestandene Männer, technisch, hart und mit Bierbauch spielbar – doch die Zeiten haben sich geändert. Das merkte man am Sonntagabend in der Luzerner Schüür nicht nur dem Publikum an, sondern natürlich den Musikern. Vor dem Auftritt noch schnell ein Fitnessprogramm im Hinterhof absolvieren? Anstelle von Bier lieber Wasser kippen? Kein Grund zum Aufsehen, klassischer Touralltag. Zumindest wenn Vola bei ihrer ersten Headliner-Reise befreunde Gruppe einluden.
So wie Rendezvous Point aus Norwegen loslegten, machten sie einen fitten Zustand auf jeden Fall zur Voraussetzung. Der melodische Progressive Metal wandelte zwischen harten Schlagabfolgen und gefühlsintensiven Ausführungen, gekrönt von der fantastischen Stimme des Frontmanns Geirmund Hansen. Mit Bassistin Gunn-Hilde Erstad durfte immerhin eine Frau das Geschehen auf der Bühne mitbestimmen und zeigte auf, wie maskulin der moderne Prog-Metal momentan aussieht. Ihr krachender Basssound war es dann auch, der die wilden Ausführungen der Gitarre und des Keyboards sprengte und dem hyperaktiven Schlagzeuger die Stirn bot.
Eine wirkliche Kraftmeierei danach das Konzert der Amerikaner von Arch Echo. Mit zwei Gitarren, einem wieselflinken Keyboardspieler und dem durchtrainierten Schlagzeuger, der nicht nur seine Muskeln, sondern auch seinen Livestream aufgeboten hatte, und einem Bassisten, der am Ende sein Instrument am liebsten in die Höhe geworfen hätte. Diese Ergüsse an instrumentalem und progressivem Fusion zu verarbeiten, das sorgte immer wieder für Stirnrunzeln bei mir. Gedanken an Dream Theater und Plini rauschten durch die Takte, ewige Geschwindigkeit durch die Schüür.
Umso befreiender darum der Abschluss mit Vola, der wahre Grund für diese Sause. Die Dänen zeigten sich endlich mit den Liedern von ihrem aktuellen Album „Applause Of A Distant Crowd“ und mussten sich in Luzern von der ersten Sekunde an keine Gedanken über Entfernungen machen. Die Besucherinnen und Besucher nutzten jeden Break, jedes Riff und jeden Rhythmus für ganzkörperliche Unterstützung, der Jubel war nach jedem Song ausgelassen. Wer solch gut komponierte Lieder des Prog Metals vorweisen kann wie dieses Quartett, der hat auch jede Zustimmung verdient.
Mit „Smartfriend“, „Alien Shivers“ und vielen weiteren Stücken der neue Platte holten Vola die melodiösen Aspekte ins Zentrum, boten dank Ausflüge zu „Inmazes“ und mit „Black Box“ sogar zur noch älteren EP aber immer wieder kantige und härtere Kontraste. Die Band hat ihren Sound immer wieder verändert, dabei aber nie das Ziel aus den Augen verloren. „Whaler“ oder „The Same War“ liessen sich eingängig Feiern, ohne dass die Komplexität gefehlt hätte, mehrstimmige Gesänge und leise Passagen brachten die nötige Entspannung.
Was sich bereits an diversen Abenden mit Vola als Vorband gezeigt hatte, das wurde am Sonntag in Luzern bestätigt: Diese Gruppe ist ein heller Stern am aktuellen Prog-Himmel und wird noch so manche Musiksammlung und hoffentlich viele Konzertabende bereichern.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Still
2. Smartfriend
3. Ghosts
4. The Same War
5. Starburn
6. Black Box
7. Alien Shivers
8. Vertigo
9. Ruby Pool
10. Whaler
11. Your Mind Is a Helpless Dreamer
12. Applause of a Distant Crowd
Zugabe
13. Gutter Moon
14. Stray the Skies
Text: Michael Bohli