11. Januar 2019
Sommercasino – Basel
Bands: Lord Kesseli & The Drums / Davv / P.Noir
Während in der Region Bern seit Jahren ein Reverend mit seinem Voodoo-Zauber die Menschen lockt und verführt, brodelt es seit kurzem auch in der Ostschweiz. Eine neue Sekte hat sich formiert, welche mit lauten Klängen und viel Weihrauch das Bewusstsein der Bevölkerung umstülpt und unsere Wahrnehmung in dichten Nebel taucht. Genannt werden die Priester Lord Kesseli & The Drums, gelobt ihre Messen in aller Munde – und am Freitagabend kam auch Basel in den Genuss dieser prophetischen und eindringlichen Vision.
Zwischen Gerüchen und Schwaden aus Rauch und Schatten blitzten die Lichter im Puls des Synthesizer auf, in der Ecke wirbelten die Dreadlocks von The Drums zwischen Becken und Snares umher, am Bühnenrand das weisse Gewand und die düsteren Blicke von Lord Kesseli. Träume und Angstzustände verschmolzen innert wenigen Takten, Songs wie „Chemical Mother“ oder „Cold War“ nahmen Achtziger-Synthie-Pop, Doom-Rock und heroisch aufgebaute Gitarrenflächen, vermengten alles zu einer Droge und schlichen sich in die Glieder der Besucher.
„Melodies Of Immortality“ heisst die neue Predigt, welche im letzten Jahr an die Masse weitergereicht wurde, das Sommercasino wurde zur Kathedrale und Empfängnis der Botschaft. Man wiegte sich kollektiv in die Lieder, jubelte frenetisch jeder Bewegung und Veränderung des Auftrittes zu, vergass sich selber in der Gesamtheit. „MDMA“ war hier weit mehr als nur ein Songnamen, Lord Kesseli & The Drums wurden zu unser aller Retter und Verschwörer zugleich. Diese psychedelische Klangforschung war bewegend und zugleich die letzte Wahrheit – glaubt mir.
Ebenfalls eher frisch im Wanderzirkus der Geschichten und Auftritte unterwegs ist das Duo P.Noir, welche das Sommercasino als erste Heilbringer an diesem Abend besuchten. Reduziert und auf simple Veränderungen fokussiert, zitierten sie einzelne Verse, welche modulierte Synthesizer- und Bassklänge ausformulierten. Darüber wurden perkussive Geboten gesprochen, die Trance umfing alle Besucher innert wenigen Minuten. Ohne Pause, ohne Unterteilung, gesamtheitlich und druckvoll.
Schon fast überraschend anders war die Mitte der Huldigung mit Davv. Aus Zürich, dem Aargau oder wo auch immer herkommend, spielten die drei Mannen ihren schmutzigen und mit Synthesizer aufgepeppten Rock. Hier ging es weniger um die Suche nach der einzigen Gottheit, hier wurde auch Forschung betrieben. Nicht ohne Grund heisst das neuste Album der Gruppe „Davvinci Code“, denn besonders mit lauten Verzerrungen und veränderten Gesängen wurde gearbeitet. Leider wollte nicht immer alles zielgenau aufgehen, als Weckruf zwischen den zwei einlullenden Epen war es aber genau der richtige Kontrast.
Text: Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz