14. November 2018
Schüür – Luzern
Band: Motorpsycho
Es gibt wohl nur eine Band, die bei mir eine solche Erwartungshaltung auslöst, dass diese sogar bei Bestleistungen nicht komplett erfüllt wird. Wobei das auf keinen Fall am Auftritt selber und den gespielten Songs lag, denn die Norweger zeigten sich wieder einmal als wahre Götter der Rockmusik. Aber nach nicht einmal zweieinhalb Stunden das Konzert bereits als beendet erklären? Ach, da sind wir in der ersten Welt ja schon zu verwöhnt, um das ohne Enttäuschung hinzunehmen – wobei dieser Fehler natürlich nicht bei Motorpsycho lag. Ein kolossaler Turm vorzüglicher Klangbäder wurde an diesem Mittwoch nämlich ohne Zögern direkt in die Stadt von Luzern gestellt.
Dass dieses Gebäude lange seine Schatten auf den hübschen Ort werfen wird, das ist mehr als gut so. Denn wer sich seit Ende der Achtziger als Vorreiter in mutigem Musizieren behauptet, der hat ein solches Denkmal allemal verdient. Die Begeisterung in der Schüür war so vom ersten Gitarrenriff an riesig und flachte nie ab, die Besucher liessen sich von den Wogen der Musik davontragen. Ob filigrane Melodien, gespielt auf zwei Gitarren, oder sich immer weiter steigernde Ausbrüche: Dieser Auftritt bot alles. Mit dem aktuellen Album „The Tower“ im Zentrum, durchschlug das Trio mit neuem Schlagzeuger Tomas Järmyr und einem Tourgitarristen alle Wände und Zeitebenen.
Vom neuen Klassiker „Ship Of Fools“ zu „Pills, Powders + Passion Plays“, einem Kind der Neunziger mit lärmigen Riffs und stolz geschwellter Brust – hier spielten weder Gegenwart noch Vergangenheit ihre gewohnten Rollen. Das Monster „Trust Us“ wurde von „Plan #1“ besucht, Love mit dem Cover von „August“ geehrt. Ja, Motorpsycho sind sich auch in diesem Jahr ihrer Wurzeln bewusst und mischten den phänomenalen Cocktail aus Psychedelica, Progressive und Hard Rock bis zur Explosion. Da musste weder geschüttelt noch gerührt werden, jeder Takt schmeckte vorzüglich. Und wer den Glauben an die Musik und Schönheit verloren hatte, der fand hier beides in hochkonzentrierter Form.
Bent Sæther nahm seinen Bass und stülpte das dämonische Grollen an die Erdoberfläche, Hans Magnus Ryan erschuf mit Gitarre und Pedal ein neues Paradies. Wer braucht da noch erfundene Konstrukte von Lebensräumen, wenn man mit Motorpsycho das hiesige Dasein zur Vollendung bringen kann? Luzern dankte es mit frenetischem Jubel und träumerischen Tanzbewegungen.
Zumindest bis zu diesem abrupten, nach nur einer Zugabe eingeläuteten Ende. 140 Minuten sind nicht wenig und würde so manch andere Band an ihr Limit bringen, bei den Norwegern war es aber eher ein verlängertes Aufwärmen. Wobei dies auch ein geschickter Kniff war – alle hatten nun Blut geleckt und werden bestimmt zu den Auftritten in Winterthur und Bern pilgern. Bereuen wird es niemand, egal ob eines oder hundert Lieder dargeboten werden.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Year Zero (A damage report)
2. August (Love Cover)
3. The Cuckoo
4. S.T.G.
5. Ship of Fools
6. Lux Aeterna
7. The Tower
8. Pills, Powders + Passion Plays
9. Triggerman
10. Heartattack Mac
11. Plan #1
12. Taifun
Zugabe
13. Bartok of the Universe
Text: Michael Bohli