17. Oktober 2018
Rote Fabrik – Zürich
Bands: Emma Ruth Rundle / Jaye Jayle
Kontrolle – nicht nur wurde diese zu einem der vielen Höhepunkte, sondern ein Leitstrahl in der Dunkelheit. Der Umgang damit, ihr Verlust und die wiedergefundene Ruhe. Emma Ruth Rundle besuchte am Mittwoch die Rote Fabrik in Zürich und zeigte, dass man nebst ihrem neusten Album „On Dark Horses“ in diesem Jahr nichts Zusätzliches für ein erfülltes Leben braucht. Ausser vielleicht einen Auftritt der amerikanischen Künstlerin, denn live gehen die Songs noch tiefer unter die Haut. Erstaunlicherweise wünschte ich mir sogar, die Darbietung wäre lauter gewesen.
Intensiv sind die Lieder von Emma Ruth Rundle immer, das bewies sie gleich selber, indem sie die Zugabe „Shadows Of My Name“ alleine, aber nicht mit weniger Ausdruck und Kraft spielte. Trotzdem war es so, dass Lieder wie „Fever Dreams“ und „Races“ gerne krachender durch den Clubraum hätten schallen können. Denn die Musik wollte uns alle auflösen, in Atome zersprengen und mit sanften Endtakten wieder neu formen. Als bessere Version von uns selber, geläutert und rein. Alternativer und düsterer Rock als Katharsis, in Perfektion gespielt und gefühlt.
Erschütternd, stimmungsvoll und direkt ins Herz stechend waren die Kompositionen wie „Light Song“ oder „You Don’t Have To Cry“ aber auf jeden Fall – Emma Ruth Rundle war unsere Schelte wie Erlösung zugleich. Fulminant gespielt, noch besser gesungen und mit zu selten vernommener Ehrlichkeit – das gesamte Konzert war wie ein Fiebertraum, ein Ritt auf einem dunklen Pferd durch die verwunschene Nacht. Mit der Gitarre als Zauberwerkzeug, als Richthammer, als Bestimmung.
Stark verzerrte Akkorde, rumpelnde Bässe und ein staubiges Schlagzeug – Jaye Jayle sorgten für die wohldosierte Dynamik in der Begleitung und bewiesen, dass Emma Ruth Rundle bei den Aufnahmen des neuen Werks die bestmöglichen Musiker ausgewählt hatte. Schön also, wurde der Abend zu einem Wechselspiel von Handlungen und zwischengeschlechtlichem Austausch. Emma besuchte Jaye Jayle nämlich auch bei ihrem eigenen Konzert im Vorprogramm und teilte bereits da den raumfüllenden Nebel mit ihrer Präsenz.
Glückseligkeit in der Melancholie, Hoffnung in den Abgründen – ein solches Konzert bestärkt nicht nur den Glauben an die Musik, sondern auch an sich selber und die Welt. Wir müssen nicht mehr weinen, dürfen aber. Alleine sind wir auch dann nicht.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Dead Set Eyes
2. Fever Dreams
3. Apathy On The Indiana Border
4. Protection
5. Races
6. Marked For Death
7. Darkhorse
8. Control
9. Light Song
10. Heaven
11. You Don’t Have To Cry
Zugabe
12. Shadows Of My Name (Emma Solo)
Text: Michael Bohli
Bilder: Christian Wölbitsch