Radicalis / VÖ: 8. Juni 2018 / Black Metal, Blues, Gospel
zealandardor.com
Text: Michael Bohli
„You Can Join Us, Or You Can Die In The Fire“ singt Manuel Gagneux auf eindringliche und bedrohliche Art ziemlich früh auf dem Album „Stranger Fruit“. Und dabei hält er nicht nur für alle Zweifler die richtige Antwort bereit, sondern auch für alle Leute, die bisher über die Musik von Zeal & Ardor nur abschätzig den Kopf geschüttelt haben. Denn mit dieser zweiten Veröffentlichung (welche mit 16 Stücken eigentlich das erste vollwertige Album darstellt) wird nicht lange gezögert, sondern ein gewaltiger und brutaler Sturm auf die Menschheit losgelassen. Dass die wagemutigen Kombinationen zwischen Black Metal und Gospel weiterhin dazugehören, das ist klar.
Doch Zeal & Ardor hat sich glücklicherweise nicht nur genügend Zeit für diese Platte gelassen, sondern sich vom urplötzlichen Weltruhm und den darauffolgenden Touren nicht verführen lassen. Die Musik auf „Stranger Fruit“ ist nämlich weder angenehm noch zugänglich, sondern unberechenbar, laut und gnadenlos. Ob der Doublebass in „Don’t You Dare“, das Hochtemporiffing und der Sprachwechsel bei „We Can’t Be Found“, der Choral in „Cagula“ oder die sonische Wucht bei „Ship On Fire“ – alles vermengt sich zu einer Feuersbrunst, die über die Körper und Landschaften zugleich tobt.
Mithilfe einer extremen Wand an Sound und Musik, den aus dem Blues und Soul bekannten Gesangsphrasierungen und einer Kreativität ohne Zügel ist „Stranger Fruit“ eine Scheibe, die nicht nur den Vorgänger „Devil Is Fine“ innert kürzester Zeit überstrahlt, sondern auch beweist, dass der Künstler Gagneux ein wahrlich grosses Talent im Songwriting ist. Mit dem Kniff, die meisten Stücke kurz zu halten, wird der Genuss somit nie erschöpfend und voller Spannung erwartet man alle Tracks.
„You Ain’t Coming Back“ ist riesengross und zugleich demütig, das darauffolgende „The Fool“ eine Übung in Takt und Electronica. Hier braucht Zeal & Ardor weder Weihrauch noch die stumpfe Axt für eine Reinkarnation, sondern spielt geschickt mit den Gegensätzen. „Stranger Fruit“ ist somit ein Album, das an Einflüssen, Stimmungen, Tempi und Ausdrucksweisen schon fast einen Überfluss aufweisen kann. Bis wir alle gemeinsam zu „Built On Ashes“ über den Ruinen und in den schwarzen Himmel aufsteigen – geläutert und geschockt, aber auch begeistert.