21. Mai 2018
Fri-Son – Fribourg
Bands: The Jesus And Mary Chain / Dedelaylay
„I want to die on a sunny day / I want to die just like JFK“ sang Jim Reid und versank dabei noch tiefer im Nebel und den Lichtern. Ja, dass der Auftritt von The Jesus And Mary Chain in Fribourg kein fröhlicher Kindergeburtstag werden würde, das war allen bewusst. Denn die legendäre schottische Post-Pop-Punk-Rock-Gruppe war weder in den Achtzigern, noch heute in der zweiten Blüte je eine Band, die den Schönklang bevorzugte. Und so durfte man am Pfingstmontag nun endlich auch im Fri-Son wieder in die angenehme Dunkelheit eintauchen und sich an der Romantik der Endlichkeit laben.
Aber ganz so destruktiv war an diesem bereits zweiten Auftritt innerhalb von 24 Stunden nicht alles, denn nach ihrem Konzert am diesjährigen WGT in Deutschland zeigten The Jesus And Mary Chain auch in der Schweiz, dass sie schon immer näher beim Umkehrschluss des Pops waren als bei den lauten Rockjungs. Leichte Melodien, klarer Gesang und ein Augenzwinkern betreffend dem Lärm – schnell wurde man vom Charme befangen und tanzte zu den Liedern des neusten Albums „Damage And Joy“ und alten Schwärmereien.
Und egal, welches Album denn nun der persönliche Favorit war, Schlagzeuger Brian Young führte die Mannen in jedes Gebiet. Von der „Teenage Lust“ zum Leben „In A Hole“, den Sehnsüchten „Between Planets“ bis zu dem ewigen „War On Peace“ – diese akustische Zeitreise wurde zu einer Feier der kompletten Bandgeschichte und zeigte zugleich auch, wie eigenständig und kohärent The Jesus And Mary Chain in ihrer Geschichte immer waren. Alternativ und leicht kratzend, aber doch versöhnlich und mitreissend – doch in Fribourg leider oft auch etwas zahm.
Klar – die Zeiten, in denen die Schotten eine knappe halbe Stunde Lärm auf der Bühne zusammenzimmerten und die Songs komplett missachteten, wünschte sich auch bei dieser Darbietung niemand zurück. Und trotzdem wäre etwas mehr Gewalt im Gitarrenspiel ganz angebracht gewesen. Ob darum das Publikum eher verhalten agierte und heimlich nach mehr Noise und Verzerrung lechzte? Wie auch immer, The Jesus And Mary Chain versöhnten alle mit Perlen wie „Just Like Honey“ und „I Hate Rock’n’Roll“ und zogen alle in den hell erleuchteten Nebel, der sich über die Musiker wie auch unsere Seelen wohlig ausbreitete.
Dedelaylay aus La Chaux-de-Fonds versuchten den Raub unseres Bewusstseins zuvor gleich umkehrt und experimentierten mit Schlagzeug und Synthies die Abstraktion der Hölle. Wummernde Bässe legten sich lasziv unter die vertrackten Rhythmen und unheimlicher Gesang lockte die versteckten Geister aus unseren Knochen. Das war nicht nur anders, es war auch nicht immer einfach zu erfassen und sperriger als der komplette Rest des Abends. Aber heute benötigt es schliesslich etwas andere Mittel als noch vor 30 Jahren, um die Leute vor den Kopf zu stossen – das würde auch Jesus so absegnen.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. Amputation
2. April Skies
3. Head On
4. Blues From A Gun
5. Black And Blues
6. Mood Rider
7. Far Gone And Out
8. Between Planets
9. Snakedriver
10. Teenage Lust
11. Cherry Came Too
12. All Things Pass
13. Some Candy Talking
14. Halfway to Crazy
15. Darklands
16. Reverence
Zugabe
17. Just Like Honey
18. Cracking Up
19. In A Hole
20. War on Peace
21. Sidewalking
22. I Hate Rock ’n‘ Roll
Text: Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz