20. August 2017
Steinberggasse – Winterthur
Bands: Philipp Poisel / Band Of Horses / Faber
Webseite: musikfestwochen.ch
Petrus scheint mitbekommen zu haben, dass dieser Sonntag nicht einfach nur irgendein Sonntag war – für den letzten Tag der 42. Winterthurer Musikfestwochen schickt er den schönsten Sonnenschein auf die Steinberggasse.
Während man sich in der Schlemmerei ein letztes Mal den Bauch mit allerlei lokalen Köstlichkeiten vollschlägt, sich mit einem frisch gezapften Bier einen Schattenplatz in der Steibi sucht oder einen der exklusiven Balkon- a.k.a. Fenstersimsplätze ergattert, läutet Beinahelokalheld Faber diesen letzten Abend der schönsten Zeit in Winterthur ein. Unterstützt wird der grossartige junge Musiker von seinen jungen Musikerkollegen Tillmann Ostendarp und Janos Mijnsen, die sich so doll lieb haben, dass es hinter dem Mikrofon auch mal für ein Küsschen reicht.
Faber verzaubert mit seiner ehrlichen, authentischen und saucoolen Art, seiner grossartigen Stimme und Texten, die schön-schräg ehrlich sind. Ob es sich um den Stuhlganggeruch des Chefs, Selbstbefriedigung oder um Brüstebeinearschgesicht handelt – Faber nimmt kein Blatt vor den Mund, und so soll das auch sein. Mit einem Lächeln auf den Lippen und lockerem Hüftschwung geniesst man die Sonnenstrahlen auf der Haut und wünscht sich, man hätte eine Sonnenbrille eingepackt.
Zweiter Act des noch jungen Abends sind Band Of Horses aus Seattle. Im Mai dieses Jahres verkündeten Gitarrist Tyler Ramsey und Bassist Bill Reynolds ihren Austritt aus der Band, was einen weiteren Wechsel in der Bandzusammensetzung bedeutete. Das ist ja soweit nichts neues – zehn Mitglieder haben die Band seit ihrer Gründung vor 13 Jahren bereits verlassen, teilweise sogar nach nur wenigen Monaten. Sänger und Gitarrist Ben Bridley stellt die einzige Konstante in der Bandgeschichte dar.
Möglicherweise ist dies ja der Grund für die eher dürftige Performance auf der Steibibühne. Das Set wirkt leicht chaotisch und wenig strukturiert, zwischen den Songs wird an den Saiten gezupft oder scheinbar ziellos das Drumpad bearbeitet, und ein Song wird nach wenigen Sekunden wieder abgebrochen, weil irgendjemand irgendwie falsch spielt.
Natürlich finden sich auch musikalische Perlen in der Setlist der zurzeit vierköpfigen Band, bei denen man mit geschlossenen Augen zwischen Seifenblasen unter dem langsam rosa werdenden Himmel auf den nach anderthalb Wochen Musikfestwochen schmerzenden Füssen auf und ab wippt. Aber Ben Bridleys vor dem Auftritt im Interview erwähnte Hoffnung, die Erwartungen des Publikums übertreffen zu können, kann wohl leider nicht erfüllt werden. Das Konzert endet zehn Minuten früher als geplant. Schade.
Nach einer weiteren Pause betritt Philipp Poisel mit seiner achtköpfigen Band die schöne Steibibühne. Die schnulzigen Popballaden locken scheinbar alle Pärchen aus ihren Sommerverstecken, die sich nun kuschelnd auf der Steinberggasse einfinden. Die bunten Glühbirnen harmonieren perfekt mit dem rosaroten Abendhimmel, während Streicher, Pianist und Co. einem das Gefühl vermitteln, Teil eines besonders kitschigen Liebesfilms zu sein. Inklusive zweistimmiger Gesangseinlagen und etwas vernuschelter Songansagen.
So gehen die Musikfestwochen auch dieses Jahr wieder zu Ende – mit hämmerndem Drumpad kommt der deutsche Liedermacher zum Abschluss. Die Absperrgitter werden entfernt, während die Danksagungen noch über die Gasse hallen. Vielen lieben Dank, MFW, man sieht sich dann nächstes Jahr wieder.
Text: Sarah Rutschmann