21. April 2017
Moods – Zürich
Bands: Guerre Froide / Dear Deer
Sie toben seit den Achtzigerjahren über die Bühnen und bringen mit ihren Auftritten – ganz gemäss dem Namen – auch immer eine kühle Stimmung an den Mann. Die Cold Wave-Truppe Guerre Froide aus Frankreich ist in der Szene seit langem eine feste Grösse, und doch musste man bis 2017 warten, um ihre Musik live in der Deutschschweiz erleben zu dürfen. An diesem Freitag war es endlich soweit, die Themennacht Wave im Moods lud ein.
Bevor aber die Leinwand in passende Bilder getaucht wurde und im Zentrum das rote Hemd stand, gaben Dear Deer ihren Einstand. Ebenfalls aus Lille stammend, betörte das Duo mit ihrer reduzierten Mischung aus No Wave und Post-Punk. Gitarre und Bass durften nebst dem Gesang auf der Bühne das Licht geniessen, die lärmenden Synthie-Spuren stammten vom Band. Doch diese Abstraktheit verströmte eine grosse Leidenschaft und noch mehr Reiz. Besonders Sabatel am Bass zeigte sich versiert und vielseitig, mit Flanger oder himmlischen Melodien.
Guerre Froide agierten als Band dann eher im klassischen Bereich des Cold Wave – hier gab es poetische Texte zu meditativen Klangschichten. Die Bühne wurde in passende Farben getaucht und der Herr der Stunde, Yves Royer, führte mit schier royaler Gestik von sanftem Post-Punk in elektronische Welten voller strenger Geometrie und fremd anmutenden Oberflächen. Man liess sich von der Musik mitreissen, spürte die Beats und Bässe in den Gliedern und flog im Kopf davon. Wenn alle industriellen Betriebe auf der Welt so angenehm klingen würden, dann wäre die Revolution einiges unschädlicher ausgefallen.
Sicherlich, es war eine Zeitreise, in der für mich aber die moderne Seite gewann – Dear Deer waren wirklich faszinierend – aber trotzdem ein Abend, an dem man endlich wieder einmal eine musikalische Seltenheit in Zürich geniessen durfte. Und wer lässt sich ein solches Zuckerstückchen schon entgehen – auch wenn es auf Eis serviert wird?
Text: Michael Bohli