31. März 2017
Ebullition – Bulle
Bands: La Jungle / Autisti / JEER
Gerade um die Ecke ist dieses Bulle ja nicht, aber es hat sich auf alle Fälle gelohnt. Denn wie schon in der Konzert-Vorschau angekündigt, wurde es lauter, härter und schneller am vergangenen Freitag im Ebullition. Und zwar mit jeder Minute! Aber der Reihe nach.
Den Abend eröffnete JEER, ein Trio aus Châtel-St-Denis, welches an diesem Abend gerade noch seinen Zweitling „The Feather And The Story Behind“ taufte. Der Beginn etwas verhalten, man benötigte ein wenig Zeit, um in den Groove reinzukommen – aber spätestens als die Gitarre auf Drop D umgestimmt wurde, fing es langsam aber bestimmt an zu wummsen. Was folgte, versetzte mich 25 Jahre in der Zeit zurück … Erinnerungen an die grossen Helden Anfang der 90er Jahre (keine Ahnung, aber Soundgarden ging mir ganz spontan durch den Kopf), ohne jedoch wie aus dieser Zeit zu klingen. „Silence In The Rain“, eine schon fast klassische Ballade, wurde durch die Gastsängerin Brigitte unterstützt. Was darauf folgte, war ein langsames, aber stetiges Aufdrehen. Spätestens die verzerrte, aber immer warm kreischende Cigar-Box-Gitarre in den beiden letzten Songs bestimmte den Zeitpunkt, an dem nicht nur die Köpfe mit den langen, sondern auch diejenigen mit kurzen Haaren im Takt geschüttelt wurden. Yeah, das ist genau das, genau so muss es sein, JEER.
Nicht ganz unvoreingenommen war ich ja schon. Der eigentliche Grund für die lange Anfahrt nach Bulle war für mich Autisti. Das Setup mit den selbstgebauten kombinierten Gitarren- respektive Gesangsboxen, dem Vintage-Mischpult und den genügend mächtigen Amps älteren Herstelldatums war ja schon mal vielversprechend. Dazu noch ein niedliches Kinderschlagzeug … Da ist man gespannt, was kommen wird.
Mit „Dealbreaker“ krachten Autisti gnadenlos in den Gig! Was das Trio Louis Jucker, Emilie Zoé und Pascal Lopinat als Autisti, ein Teil von Louis Juckers Projekt L’Altro Mondo, hingelegt haben, war laut, hart, schnell, noisig, lo-fi. Etwa so müssen die 70er geklungen haben! Die Musiker und ihre Musik: Voller Leidenschaft, Ekstase und absoluter Ehrlichkeit. Unmittelbar und direkt! Das war mit jedem Anschlag, mit jedem gespielten Ton hör-, spür- und sichtbar.
Wenn schon die Band Vollgas gibt, dann wird den Zuschauern auch keine Verschnaufpause gegönnt – höchstens ansatzweise während dem etwas gemächlicheren „Curb“. Doch nur um mit weiteren verzerrten Gitarrensongs nochmals eins draufzusetzen, Gitarrenwände hochzufahren und mit einem Drumstick wie mit einem Zweihänder auf das Becken einzuprügeln. Minutenlanges Feedback, ein malträtiertes Schlagzeug, sowohl auf wie auch vor der Bühne ein Schlachtfeld! I found relief in these songs! Ein Ende im Traum, im Glück, im Unfassbaren, in der absoluten Erschöpfung!
Punk, Techno, Noise oder Kraut … Keine Ahnung, eigentlich auch egal, das zuordnen zu wollen. Vom ersten Song weg waren La Jungle aus Belgien schweisstreibend. Auf und vor der Bühne lief der Schweiss in Strömen. Energie, Drang, Ausbruch! Die brettharten und treibenden Beats des Schlagzeugs, gepaart mit der in die Unendlichkeit geloopten Gitarre, dem Gesang, das Ganze schlussendlich noch vermischt mit Synthklängen als Sahnehaube obendrauf!
Immer wieder der Moment, die Fassungslosigkeit, die Ungläubigkeit, wie es das Duo Rémy und Mat fertig bringt, solche wuchtigen Klanggebilde, ja eigentliche Berge aufzubauen. Nur um sie einfach mit dem letzten Schlag des Songs wieder einstürzen zu lassen und beim nächsten Stück wieder von vorne damit anzufangen. Und das jedes Mal noch ein wenig lauter, härter und schneller.
Text: Mischa Castiglioni