11. + 12. Juni 2016
Letzigrund – Zürich
Band: Coldplay
Mit Coldplay ist das so: es gibt solche, die lieben diese Band über alles; und es gibt andere, für die ist Coldplay seichter Weichspülersound. Klar, harte Musik ist anders. Underground ist anders. Aber die Band hat Melodien – mein lieber Schwan! Da kann man endlich mal ordentlich mitsingen und die Arme in der Luft hin- und herschwenken. Ich finde Coldplay toll.
Gut, mit dem neuen Album „A Head Full Of Dreams“ konnte ich mich nicht komplett anfreunden. Auch nicht mit „Ghost Stories“, dem Vorgängeralbum. Sei’s drum; jetzt geht es um das Live-Erlebnis.
Und da fahren Coldplay immer mit grossem Geschütz auf. Auf der letzten Tour mit den funkgesteuerten Zuschauer-Armbändern – die Stadien der Welt leuchteten damals wie überdimensionierte Weihnachtsbäume. Das sah so schön aus, dass Coldplay die sogenannten Xylobands auf der aktuellen Tournee kurzerhand wieder ausgepackt hat.
Nicht nur das, auch Konfetti bringen sie mit – in rauen Mengen – und Ballons und Feuerwerk. Das wirkt. Und dann dieser britische Humor! Der wirkt ebenfalls. „I pressed the wrong button. That is not professional and I’m going to be fired“, meint Sänger Chris Martin, als er „Ink“ nach wenigen Sekunden abbricht. Und wenn er mal gesanglich einen Einsatz vermasselt oder während des Singens husten muss, lacht er über sich selbst. Sympathiepunkte-Alarm!
Nun, die sängerische Brillanz eines Matt Bellamy erreicht Chris Martin zwar nicht, dafür ist er witzig, charmant, interagiert mit dem Publikum, rennt permanent über den Laufsteg, wippt auf dem Klavierstuhl auf und ab, radebrecht Deutsch und Französisch, und schafft es, ein Stadion intim wirken zu lassen. Diese Clubatmosphäre erzeugt die Band mit ihrer Akustikbühne mitten im Publikum. Die Coldplay Mannen sprinten durch die Menge, klettern aufs Podium und machen Lagerfeuerstimmung.
Die Setliste ist gespickt mit neuen Songs. Manche funktionieren prima („A Head Full Of Dreams“, „Adventure Of A Lifetime“), andere sind zum Gähnen („Amazing Day“). Für meinen Geschmack zumindest.
Es sind die älteren Sachen – vom Album „Mylo Xyloto“ rückwärts – die so richtig einschlagen. „Yellow“: schmelz. „The Scientist“: schmacht. „Fix You“: schmerz. Einfach herrlich. Und das sind ja nur mal die langsamen Songs. Die Kracher, die haben es erst recht in sich! „Every Teardrop Is A Waterfall“ und „Charlie Brown“ – super. „Viva La Vida“ – unvergleichlich.
Wobei: wenn die Euphorisierung der Zuschauer das Ziel eines Coldplay Konzertes ist, dann ist die Setlist-Dynamik dieser Tour nicht ganz logisch. Rasanter Beginn, Abbremsen mit ruhigen Liedern, und danach Schlag auf Schlag ein Hit nach dem anderen. Und mit „Heroes“ ein David Bowie Cover. Fantastisch. Eigentlich wäre dann fertig, oder? Nein, es folgt die Akustikeinlage und zum Abschluss drei eher schwache Songs. Immerhin kann man bei „A Sky Full Of Stars“ kräftig das Tanzbein schwingen.
Aber was meckere ich – die Highlights sind drin.
Das Schöne an Coldplay: Gitarrist Jonny Buckland, Schlagzeuger Will Champion, Bassist Guy Berryman und Sänger Chris Martin sind eine spürbar eingeschworene Bande. Sie verlassen sich aufeinander, sie freuen sich sichtlich am Zusammenspiel, sie nehmen sich gegenseitig hoch. Und wenn dann das Lichtermeer der Xylobands das Letzigrund in einen Sternenhimmel verwandelt, dann sind auch wir ein Teil dieser Bande.
Setlist Samstag [Quelle: setlist.fm]
- A Head Full Of Dreams
- Yellow
- Every Teardrop Is A Waterfall
- The Scientist
- Birds
- Paradise
B-Stage: - Magic
- Ink
- Everglow
A-Stage: - Clocks
- Midnight
- Charlie Brown
- Hymn For The Weekend
- Fix You
- Heroes (David Bowie Cover)
- Viva La Vida
- Adventure Of A Lifetime
C-Stage: - Kaleidoscope
- In My Place
- Strawberry Swing
A-Stage: - Amazing Day
- A Sky Full Of Stars
- Up & Up
Text + Bilder: Anna Wirz