Datum: 18. August 2012
Ort: Stadion Letzigrund – Zürich
Bands: Madonna
Nachdem der Support Act Martin Solveig nach seinem Warm-Up Set die Bühne räumte, mussten sich die Fans im Zürcher Letzigrund nicht mehr lange gedulden bis die Queen Of Pop so gegen 20.40 Uhr die Bühne betrat. Begleitet von einer Kathedralen-Kulisse mit entsprechenden Mönchen in roten Kutten, legte Madonna fulminant und erwartungsgemäss kontrovers los. Als Nonne gekleidet und mit einem Maschinengewehr bewaffnet schoss sie sich den Weg auf die Bühne frei.
Sofort war klar: hier wird geklotzt und nicht gekleckert! Das hydraulische Bühnensystem und die imposante LED-Videowand liessen auf ein Spektakel der Extraklasse hoffen!
Sofort war die Chefin auch von den obligaten Tänzern umzingelt und wurde alsbald auch schon durch die Luft gewirbelt. Musikalischer Auftakt bildeten Songs des aktuellen Albums welche einem fast Schlag auf Schlag um die Ohren gehauen wurden. Im weiteren ragte die Bühne in einem Triangel bildenden Catwalk in die Zuschauer hinein, in welchem ein paar glückliche Fans die Show hautnah miterleben konnten.
Womit ich nicht gerechnet hatte: die Lautstärke. 100dB können ganz schön laut sein. Der Mann hinter dem Mischpult hatte es mit den Höhen ein wenig gut gemeint und von daher verwunderte es mich nicht, dass viele meiner Sitznachbarn ihr Gehör mit entsprechenden Ohrstöpseln schützten. Mir war die Lautstärke recht. Nicht weil ich schwerhörig wäre (ich bin im Besitz eines Attests, dass das Gegenteil beweist), sondern weil ich’s mag wenn’s kracht.
Die Frage, ob die inzwischen 54-jährige Pop Queen nun live singen würde oder nicht, war schnell beantwortet. Wie schon erwartet kann oder will Madonna nicht auf die elektronische Unterstützung verzichten. Ist irgendwie auch verständlich bei dem vielen Tanzen und Hüpfen. Von meinem Sitzplatz aus fand ich auch keinen erdenklichen Grund wozu es überhaupt eine Band auf der Bühne hat. Gehört hab ich sie auf jeden Fall nicht.
Wer also grossen Wert auf gute Livemusik legt, war definitiv am falschen Anlass. Wer hingegen auf grosses Spektakel für die Augen steht, wurde nicht enttäuscht!
Zu sehen gab’s genug: Die schon erwähnte LED-Videowand die eine perfekt getimte Bilder- und Film Flut zur Musik lieferte; Die hydraulischen Bühnenelemente (ebenfalls mit LED-Videowänden ausgerüstet), welche das Bühnenbild ständig veränderten und fast organisch wirken lies;
Fliegende Trommler; Slackliners die spektakulär über die Bühne turnten; Tänzer, die nicht nur mit durchtrainierten Oberkörpern glänzten, sondern auch ihre Arme in Richtungen biegen konnten die jeglicher Physik und Anatomie entsagen… und noch vieles mehr, wobei ich aber vergessen habe mir eine entsprechende Notiz zu machen.
Ca. 15 Minuten der ungefähr 110 Minuten dauernden Show, fanden ohne die Hauptdarstellerin statt. Denn diese verzog sich zwecks Outfit Wechsel jeweils hinter die Bühne. Outfits habe ich deren fünf gezählt. Es kann aber auch sein, dass mir das eine oder andere entgangen ist. Ich persönlich hatte ja mit mehr gerechnet. Die Kostüm Wechsel hätten auch schneller von statten gehen können, denn was während eben dieser „Pausen“ geboten wurde fand ich eher ermüdend… Weniger wär da definitiv mehr gewesen.
Noch etwas zur Stimmung: Zwar wurde der Konzertauftakt von den zahlreichen Fans frenetisch gefeiert und beklatscht, trotzdem schien mir aber der Funke nicht wirklich überzuspringen. Ich will mich da aber nicht zu weit zum Fenster hinauslehnen, ich kann ja eigentlich nur die Stimmung, wie sie auf der Tribüne war, beurteilen. Und auf dieser hat es doch bis zu „Like A Prayer“ – immerhin der zweitletzte Song des Abends – gedauert, bis sich meine Tribünen-Nachbarn zum Aufstehen und tanzen hinreissen liessen. Überhaupt war ich sehr erstaunt darüber wie wenig „alte“ Hits dargeboten wurden. Diese hätten der Stimmung eventuell gut getan. Ich kann aber verstehen wenn ein Künstler sich weiterentwickeln will und nicht immer die gleiche „alte Leier“ abspulen muss.
Aber es gibt ja noch die Möglichkeit alte Songs neu zu arrangieren und so wieder frisches Leben in einen Song hauchen. Dies hat Madonna dann mit „Like A Virgin“ auch versucht. Ich schreibe bewusst versucht, denn ihre neue Interpretation von diesem Hit, nur Stimme und Piano in einem langsamen Walzer-feel, hat wohl dieses Ziel um Meilen verfehlt. Hier kam auch die stimmliche Bescheidenheit von Madonna zum Vorschein. Ab und zu liess sie es sich doch nicht nehmen Live zu singen. Auch zur Gitarre griff sie zwischenzeitlich. Eine wunderschöne schwarze Gibson Les Paul! Von meinem Standort aus konnte ich diese aber nur optisch bewundern, denn gehört habe ich sie leider nicht.
Alles in allem war der Abend ziemlich gelungen. Hier muss ich aber auch anfügen, dass ich auch nicht mehr aber auch nicht weniger erwartet habe. Es gab einige Highlights aber natürlich Tiefpunkte, die sich die Waage hielten.
Mein persönliches Highlight: Beim Song „Gang Bang“ liess es sich Madonna nicht nehmen, mit einer Knarre bewaffnet, auf der Bühne herumzuballern und blutrünstig ihre Mitstreiter zur Strecke bringen. Passend dazu: Perfekt getimte Splatter-Effekte mit dazugehörigem Geräusch auf der riesen Videowand! Grosses Kino!
Mein Tiefpunkt: Kaum geht ein Konzert los, zücken 90% aller Zuschauer ihr Handy und beginnen wie wild zu filmen und zu fotografieren und vergessen dabei warum sie eigentlich an ein Konzert gehen: Um einen Künstler mit eigenen Augen zu sehen und erleben. Und nicht um Beweise ihrer Anwesenheit zu machen die sie dann am nächsten Tag stolz im Büro herumzeigen können.
Text: Gastredakteur Dino Deck
Bilder: Kathrin Hirzel