Mascotte – Zürich
Samstag, 2. März 2024
Text: Torsten Sarfert
Mit den Worten „Welcome to this – uh – uptown club!“ begrüsste New Model Army Sänger & Frontmann Justin Sullivan die enger als in einer Baked-Beans-Büchse zusammengepressten Fans im Züricher Mascotte. Der Andrang sei der Band mehr als zu gönnen, überhaupt sind die meisten Konzerte der laufenden „Unbroken“-Tour bereits ausverkauft. Leider war dadurch allerdings die Bewegungsfreiheit des Publikums im Mascotte so weit eingeschränkt, dass für die Sullivan nachempfundenen, ausladenden Gesten schlicht kein Platz war. Man konnte überhaupt froh sein, wenn man sich noch den Schweiss von der Stirn wischen konnte, ohne den Nachbarn gleich noch einen mitzugeben.
Lapidar von Sullivan mit „Hot & sweaty – huh? That‘s good!“ kommentiert, eröffneten die Briten ihr 90-minütiges Set mit dem brachialen „Coming Or Going“ vom neuen Album. Genau der richtige Einstieg um sämtliche körperlichen und geistigen Befindlichkeiten im Nu zu vergessen und eins zu werden mit der ungeheuren, ehrlichen Energie der New Model Army. Und diese sollte bis zum letzten Ton nicht verebben. Nur unterbrochen von kurzen, prägnanten Ansagen zu desolater Weltlage, korrupten Politikern und der heilenden Kraft der Liebe und Vergebung, tobten Justin Sullivan und seine Mannen durch Uptown Zürich, als ob sie gerade erst von der Kunsthochschule geflogen wären und nicht schon seit bald 45 Jahren der Welt wütend ihren Spiegel vorhalten würden.
Klassiker wie „Green & Grey“ oder „Wonderful Way To Go“ verfehlten ihre Wirkung genauso wenig wie die neueren Crowdpleaser „Angry Planet“ oder „Winter“. Ganze 8 Stücke wurden direkt vom brandneuen Album „Unbroken“ genommen und taten das Übrige um eine gut abgehangene, immer noch relevante Band, in immer noch vollem Saft zu präsentieren.
Bedenkt man das intensive Touren und den hohen musikalischen Output der Band, ist die Power & Präsenz der 5 Mannen ohnehin schon fast unheimlich. Diese zeigten jedenfalls keine Ermüdungserscheinungen und preschten durch ein 20 Song starkes und atemloses Set, das das komprimierte Publikum wohl so schnell nicht vergessen wird. Und wahrscheinlich auch nicht die vor und neben der Bühne platzierten, edelbezwirnten und leicht irritierten Mascotte-Disco-Bouncer.
Immerhin nahmen diese den letzten Song nicht als Aufforderung und die New Model Army durfte nach „Get Me Out“ umjubelt und unbegleitet von der Bühne gehen. Das nächste Mal dann bitte wieder im Dynamo oder in der Roten Fabrik. Dann klappt’s bestimmt auch wieder mit den grossen, stimmungsvollen Gesten.